Orientierung
(Predigt vom 06.01.2019 zu Matthäus 2, 1-12)
Ihr Lieben,
wenn es dunkel ist, dann brauchen wir Licht, um uns zu orientieren. Im Dunkeln sehen wir nämlich nicht, wo wir lang müssen.
Ich muss euch nochmal von einer kleinen Begebenheit während einer meiner frühmorgendlichen Laufrunden erzählen. Ich weiß: Das Laufen war schon am dritten Advent Thema, aber mir passieren dabei ja auch immer so interessante Sachen.
In der Woche vor Weihnachten war ich, wie so oft, um kurz nach sechs joggenderweise auf dem Klippenrandweg unterwegs. Dass es da noch dunkel war, störte mich nicht, denn ich bin ja stolze Besitzerin eines Lauflichts. Das strahlt vorne weiß, damit ich sehe, wo ich hinlaufe und hinten strahlt es rot, damit ich gesehen werde. Das rote Licht ist sozusagen mein Rücklicht. Wenn allerdings zur Dunkelheit auch noch Nebel dazukommt, wird es schwierig. Ich kann mein vorderes Lauflicht zwar runterklappen und eine Art Nebelscheinwerfer draus machen, aber wenn die Suppe zu dick ist, sehe ich damit auch nicht mehr viel. Immerhin reicht es, um den Meter des Weges direkt vor mir noch zuerkennen.
An besagtem Morgen führte die Kombination Dunkelheit / Nebel allerdings dazu, dass ich plötzlich nicht mehr wusste, wo ich war. Ich konnte direkt vor mir erkennen, dass der Weg sich gabelte. Ich fragte mich: Wo muss ich denn jetzt lang? Rechts oder links? Und dann fragte ich mich: Wo bin ich eigentlich? Ich war beim Laufen mit meinen Gedanken so weit weg gewesen, dass ich nicht darauf geachtet hatte, wie weit ich schon gelaufen war. Ich drehte mich um und wollte mich anhand des Leuchtturms orientieren, aber sein Licht war nicht zu sehen - so dicht war der Nebel. Zum Glück fand ich schnell heraus, wo ich war. Wenn sich der Weg gabelte, konnte das nur die Stelle hinten an der langen Anna sein, wo der Weg nach dem Kantenabbruch neu angelegt worden war. Und wenn nicht: Auch nicht schlimm. Ich musste mich nur rechts halten, dann war ich in jedem Fall richtig, egal wo ich war.
Trotzdem war ich ziemlich erleichtert, als ich irgendwann das Licht des Leuchtturms wieder sehen konnte. Es hilft mir einfach, mich im Dunkeln zu orientieren, denn wenn ich weiß, wo der Leuchtturm ist, dann weiß ich in der Regel auch, wo ich bin.
Ich denke, genauso geht es uns Menschen immer wieder in unserem Leben. Wir stehen ständig vor Entscheidungen und brauchen Orientierung, damit wir wissen, welchen Weg wir einschlagen sollen.
Die Weggabelungen in unserem Leben können wie folgt aussehen:
Nehme ich einen bestimmten Menschen als Freund an oder soll ich das lassen, weil er oder sie eventuell schlechten Einfluss auf mich hat? Soll ich noch weiter vor der Konsole sitzen und spielen oder früh ins Bett gehen? Soll ich nach der Schule eine Lehre machen oder doch lieber studieren? Soll ich Lehrerin werden oder Frisör? Soll ich diesen Menschen heiraten oder Single bleiben? Soll ich mein Geld sparen oder mir lieber jetzt etwas gönnen? Soll ich zur Miete wohnen, oder ein Haus kaufen? Soll ich mich für den Umweltschutz einsetzen oder lieber die Kinderkrebshilfe unterstützen? Soll ich am Sonntagmorgen in die Kirche gehen oder lieber ausschlafen? Soll ich meinem Ärger Luft machen oder lieber nichts sagen und Streit vermeiden?
Ihr seht: Wir brauchen viel Orientierung in unserem Leben. Da sind ständig Weggabelungen. Manche Entscheidungen sind klein und vergleichsweise unbedeutend. Andere Entscheidungen sind schwerwiegend und es geht dabei möglichweise auch im das Wohl anderer Menschen.
Aber auch dafür gibt es ein Licht, das uns zeigt: Da musst du lang. Dieses Licht geht von Jesus Christus aus. Es ist das göttliche Licht, das uns durch unser ganzes Leben begleitet und uns gerade dann leitet, wenn wir im Dunkeln tappen. Manche Menschen stellen sich dieses Licht als Leuchtturm vor. Andere sehen einen Stern vor sich.
Aber egal ob Leuchtturm oder Stern: Was hat es auf sich mit diesem wegweisenden Licht?
Ich weiß nicht, wie das bei euch ist, aber mir sagt meistens das gute alte Bauchgefühl, wo ich lang muss. Und wenn ich jetzt so darüber machdenke, dann muss ich zugeben, dass mein Bauchgefühl immer recht gehabt hat. Wenn ich auf mein Bauchgefühl gehört habe, war es gut. Wenn nicht, dann habe ich schnell gemerkt, dass ich die falsche Entscheidung getroffen hatte. Für mich steckt darin das Wirken des Heiligen Geistes. Für andere ist es die innere Stimme, die ihnen sagt, wo es langgeht und für die ist ebenfalls der Heilige Geist verantwortlich. Hoffe ich zumindest.
Das Problem an der Sache ist, zu erkennen, ob das Licht, das mich da leitet auch wirklich göttliches Licht ist und nicht eins, das mich am Ende in die Irre führt.
Es gibt schließlich immer wieder Menschen, die in die Irre geleitet werden: religiöse Fanatiker zum Beispiel, die in ein Ausbildungscamp der Islamisten übersiedeln, um zu lernen, wie man Terror verbreitet. Viele sind davon überzeugt, dass sie das im Namen Allahs tun. Für sie ist der Weg, den sie da gehen, von göttlichem Licht beschienen. Für mich ist das kein göttliches Licht. Für mich ist das ein Irrlicht.
Aber woran erkennen wir den Unterschied?
Lasst uns nochmal zu meiner morgendlichen Laufrunde zurückkommen:
Woher wusste ich, dass das der Leuchtturm war, dessen Licht ich auf einmal wieder sehen konnte? Es hätte ja auch ein anderes Licht sein können, das mich dann in die Irre geführt hätte? Früher hat man das in diesen Breiten und auf den Inseln in der Nordsee ja gerne gemacht: Mit einem falschen Leuchtfeuer die Schiffe in Untiefen gelockt, um sie dann ausplündern zu können. Die Seefahrer KONNTEN gar nicht wissen, ob das Licht, das sie sahen, für eine sichere Passage sorgen würde oder ob es am Ende ihren Untergang bedeutete. Sie konnten lediglich Vertrauen haben, dass das, was sie sahen, das richtige Licht war.
Woran haben die drei Sterndeuter erkannt, dass das Licht, das sie in Form eines Sterns leitete, göttliches Licht war?
Wer sagt uns, dass die Sterndeuter göttlichem Licht folgten? Im Grunde hätten auch sie religiöse Fanatiker sein können, die durch ein Irrlicht auf Abwege geraten waren.
Ernsthaft: Man muss schon ziemlich fanatisch sein (oder bekloppt), um Tage lang einem Stern hinterher zu laufen und dann am Ende ein Kind in einem Stall zu finden. Woher wussten die, dass der Stern sie zu Jesus Christus führen würde? Woher wussten die, dass das wirklich Christus war? Hätte ja auch irgendein Kind sein können. Wären wenigstens die himmlische Heerscharen noch dagewesen oder die Hirten, die ehrfürchtig vor dem neugeborenen Kind niederknieten! Aber da war keiner mehr außer einem Ehepaar mit einem Baby.
Alles was die Sterndeuter hatten, war eine Prophezeiung, die sagte, dass in Bethlehem ein Herrscher geboren werden würde, der sein Volk führen würde wie ein Hirte seine Schafe. Gut, und dann war da noch der wandernde Stern, der genau über dem Ort stehenblieb, an dem Jesus geboren worden war. Den Sterndeutern reichte das offensichtlich, um zu wissen: Hier sind wir richtig.
Die Sterndeuter haben den Stern offensichtlich richtig gedeutet. Sie haben die Zeichen richtig gedeutet.
Was wir von den Sterndeutern lernen können, ist die Achtsamkeit. Sie nehmen die Zeichen um sie herum wahr und können sie, wie gesagt, auch deuten. Sie sind aufmerksam genug, um zu sehen, dass der Stern, dem sie folgen,
kein gewöhnlicher Stern ist, sondern dass er sie an einen besonderen Ort führen wird. Der Rest war vermutlich Bauchgefühl.
Auch wir bekommen immer wieder solche Zeichen. Für die müssen wir nur offen sein. Wir müssen sie wahrnehmen und entsprechend handeln.
Wenn ich selber merke, wie schnell mein Vertrauen im Eimer ist, wenn ich angelogen werde, dann ist das ein Zeichen: Ich darf andere Menschen nicht anlügen.
Wenn ich selber merke, wie weh es tut, abgelehnt zu werden, dann ist das ein Zeichen: Ich muss mich bemühen, offen zu sein und Menschen anzunehmen oder sogar aufzunehmen, auch wenn sie mir fremd sind.
Hier sind wir bei der sogenannten Goldenen Regel angekommen: So wie ich behandelt werden möchte, muss ich auch andere behandeln. Das ist einer dieser Sterne, die göttliches Licht verbreiten. Und von solchen Sternen, von diesen Zeichen, gibt es noch viel mehr. Eine ganze Menge dieser Sterne finden wir in der Bibel und in unseren christlichen Werten.
Diesen Sternen zu folgen, ist kein Fanatismus. Diese Sterne sind keine Irrlichter. Sie sind göttliches Licht.
Ich denke, ich muss einfach nur meine Augen und Ohren aufmachen und vor allem mein Herz, und dann kann ich auch die Sterne sehen, die mich durch mein Leben und am Ende zu Christus führen. Die drei Sterndeuter haben es vorgemacht und gezeigt, dass es funktioniert. Dann kriege ich das auch hin.

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