Wo wohnst du, Gott?


Predigt am 30.05.2019 zu 1. Könige 8, 22-24.26-28

Guten Morgen Gott!

Wir müssen uns mal unterhalten. Ich habe mich nämlich gefragt, wo du eigentlich wohnst. Und ich weiß, dass ich mit dieser Frage nicht alleine bin. 

Schon König Salomo hat sich gefragt, ob du nicht viel zu erhaben bist, um bei den Menschen zu wohnen. Er hat festgestellt, dass selbst der ganze weite Himmel zu klein für dich ist und dass du dann auch gar nicht in den Tempel passt, den er für dich gebaut hat. 

Ich glaube aber schon, dass du im Himmel wohnst. Schließlich wird uns gerade heute an Himmelfahrt erzählt, dass dein Sohn Jesus Christus zu dir in den Himmel aufgefahren ist. Die Bibel sagt uns das, und unser apostolisches Glaubensbekenntnis drückt das auch aus. Es sagt über Jesus: „aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes.“  

Wenn du im Himmel bist, Gott, dann bist du ziemlich weit weg. Und ich hier unten wäre ziemlich alleine. Allerdings glaube ich nicht, dass mit dem Himmel nur der sichtbare Raum über einem Himmelskörper gemeint ist. Ich glaube, dass dein Himmel da ist, wo du bist. Also überall. Und damit ist der Himmel auch nicht zu klein für dich. Ich weiß, das klingt jetzt etwas kompliziert, aber du verstehst mich schon, Gott.

Die Frage ist jetzt: Passt so viel Himmel auch in unsere kleine Inselkirche? Wenn du nämlich nichtmal in diesen riesigen Tempel gepasst hast, den Salomo für dich gebaut hat, dann passt du schon gar nicht in diese Kirche. Aber ich denke schon, dass auch in dieser Kirche ein Stück Himmel ist. Also wohnst du auch hier, oder?
In der Bibel heißt es, dass du das Licht bist. Im ersten Johannesbrief zum Beispiel: „Gott ist Licht, in ihm gibt es keine Spur von Dunkelheit“, steht da. 
(1. Johannes 1, 5)
Dann finde ich dich also nicht nur in unserer Kirche, sondern auch im Licht, oder? Das Problem ist, dass es da, wo Licht ist, auch Schatten gibt, und die finde ich nicht immer gut. 

Mich stört es zum Beispiel gewaltig, wenn ich drüben auf der Düne bei strahlendem Sonnenschein ein Foto vom Leuchtturm machen will und mein eigener Schatten ständig mit im Bild ist. Das sieht auf dem Bild nicht gut aus und außerdem erinnert es mich daran, dass es auch in meinem Leben Schattenseitenseiten gibt. Und die stören mich auch. Das können Schatten von außen sein, es kann aber auch mein eigener Schatten sein, denn auch ich verhalte mich nicht immer, wie ich es als Kind des Lichts sollte. Wie ich es als dein Kind sollte.

Aber da muss ich wohl durch. Du hast die Welt ja nunmal so gemacht, dass es in ihr Licht gibt. Und da, wo Licht ist, werfen die Dinge auch Schatten. Schatten gibt es immer dann, wenn dem Licht etwas im Weg steht. Kann es sein, dass auch ichdeinem Licht manchmal im Weg stehe? 

Im ersten Brief, den Paulus an die Gemeinde in Thessaloniki geschrieben hat, steht: „Denn ihr seid alle Kinder des Lichts und Kinder des Tages.
Wir gehören nicht zum Bereich der Nacht oder der Dunkelheit.“ (1. Thessalonicher 5, 5).  Es ist ja schonmal gut zu wissen, dass ich nicht zur Dunkelheit gehöre. Aber auch wenn ich ein Kind des Lichts bin, werfe ich trotzdem Schatten. Wenn es dabei um SchattenSPIELE geht, ist das ja sehr schön. Schattenspiele machen Spaß. Mit Schattenspielen kann man geschichten erzählen.
Aber wenn der Schatten den Weg verdunkelt, der vor mir liegt, dann ist das ein Problem. Und eigentlich soll dein Licht doch durch mich hindurchleuchten und das Leben anderer Menschen heller machen. Wie schaffe ich das, Gott? Kannst du mir dabei helfen? Ich möchte nämlich keine Schatten auf das Leben anderer Menschen werfen.

Und was ist mit den Schatten, die andere Menschen auf MEIN Leben werfen? Was ist mit den Schatten, die das Schicksal auf mein Leben wirft?
Finde ich dich auch in den Schattenseiten meines Lebens? Oder sogar in der Dunkelheit? Meistens fühlt es sich nicht so an, als wärst du da. Es fällt mir schwer, in der Dunkelheit an das Licht zu glauben.

In meinem Leben ist es wie mit dem Lauf des Tages.
Je länger die Schatten sind, desto dichter dran ist die Nacht. Noch oder schon. Morgens wirft alles noch lange Schatten und da ist die Nacht auch gerade erst vorbei. Wenn die Sonne mittags am Höchsten steht, ist die Nacht weit weg. Und wenn am Abend die Schatten wieder länger werden, dann wird es bald schon Nacht. Die Sonne steht tief und lässt uns durch die langen Schatten wissen, dass sie bald ganz verschwunden sein wird. In manchen Situationen habe ich das Gefühl, dass auch in meinem Leben das Licht weniger geworden ist. Zum Glück habe ich es nie wirklich schwer gehabt. Mir ist nie etwas wirklich Schlimmes passiert. Aber auch mein Leben hatte schon seine Schattenseiten. Es gab Zeiten, da hatte ich wirklich das Gefühl, als wäre es weniger hell. Da habe ich auch deine Gegenwart weniger gespürt. Andererseits weiß ich, dass dein Licht immer wieder für mich aufgeht und dass es nie dunkel bleibt. Genauso, wie am Ende der Nacht die Sonne wieder aufgeht. Die Dunkelheit verschwindet, die Schatten werden kürzer und irgendwann ist es wieder richtig hell und warm. Wie in meinem Leben.

Es wäre schön, Gott, wenn du mich immer mal wieder wissen lassen könntest, dass du auch in den Schatten wohnst und in der Dunkelheit. Wie ein Nachtlicht, das nachts im dunklen Haus brennt. Wenn du mich wissen lassen könntest, dass du mein Nachtlicht bist, dann würde ich mich in den Schatten weniger verloren fühlen.

Kannst du mir nicht einfach öfter mal so Sachen vor die Nase halten wie den Psalm 139? Da steht nämlich genau das, was ich immer wieder lesen oder hören muss:

7       Wohin könnte ich gehen vor deinem Geist,
wohin fliehen vor deiner Gegenwart?
8       Würde ich in den Himmel steigen: Du bist dort.
Würde ich mich in der Unterwelt verstecken:
Du bist auch da.
9       Würde ich hoch fliegen, wo das Morgenrot leuchtet,
mich niederlassen, wo die Sonne im Meer versinkt:
10     Selbst dort nimmst du mich an die Hand
und legst deinen starken Arm um mich.
11     Da sagte ich: »Finsternis komme über mich!
Nacht soll mich umhüllen wie sonst das Licht!«
12     Doch für dich ist die Finsternis gar nicht finster.
Und die Nacht leuchtet so hell wie der Tag:
Finsternis ist für dich gleich wie das Licht.

Also stimmt es: Du bist überall. Du wohnst da, wo ich gerade bin. Und du bist mein Nachtlicht, das es mir leichter macht, die Schatten zu ertragen. Und vielleicht lerne ich ja auch, die Schatten nicht mehr zu fürchten. Vielleicht lerne ich, die Schatten in meinem Leben leichter zu nehmen. 
Vielleicht lerne ich, mit den Schatten in meinem Leben Geschichten zu erzählen, wie ein Schattenspieler es tut.

Lehre mich Gott, eine Schattenspielerin zu werden, die mit den Schatten in ihrem Leben Geschichten erzählt. Geschichten von Licht aber auch von Dunkelheit. Geschichten, die anderen helfen. Denn so stehe ich deinem Licht am Ende nicht mehr im Weg, sondern es kann durch mich hindurchscheinen, hinein in das Leben anderer Menschen und hinein in die Welt.

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