Von Wäschetrocknern, Wartereien und von der Geduld



Predigt am 06.12.2020 zu Jakobus 5, 7-9



Ihr Lieben,

 

ich finde ja, der Wäschetrockner ist DIE Ausprägung menschlicher Ungeduld. Wer will schon tagelang darauf warten, bis der Lieblingspulli endlich trocken ist?! 

Ich kenne das noch aus früheren, trocknerlosen Zeiten: Da will ich unbedingt das Lieblingsstück anziehen, aber das hängt noch nass auf der Leine. Und weil ich nicht abwarten kann, bis das Teil von alleine trocken wird, muss natürlich mit dem Föhn nachgeholfen werden. 

 

Aber nicht nur beim Wäschetrocknen sind wir ziemlich ungeduldig. 

Mit der Geduld in Bezug auf Weihnachten sieht es ja auch nicht so gut aus. Weihnachten fängt bei vielen schon Ende November an mit Weihnachtsbäumen, Weihnachtslichtern, Weihnachtsliedern, Weihnachtsfilmen, und so weiter. Ein langsames Herantasten an das Weihnachtsfest findet selten statt. 

 

Kleine Zwischenerklärung:

Advent leitet sich vom lateinischen Wort „adventus“ ab, das Ankunft bedeutet. Angekommen ist im Advent allerdings noch niemand. 

 

Das passiert erst am 24. Dezember. Der Advent ist „nur“ die Zeit des Wartens auf die Ankunft Christi. Der Advent ist „nur“ eine Zeit, in der wir uns Tag für Tag ein bisschen mehr auf die Ankunft des Friedensbringers vorbereiten können, so wie Maria sich jeden Tag ein bisschen mehr auf die Geburt ihres Sohnes vorbereitet hat. Maria hat ja auch nicht schon nach den ersten paar Wochen einen Kaiserschnitt haben wollen. (Den es damals übrigens ja auch noch gar nicht gab.) 

Wie gesagt: Der Advent ist eine Zeit des Wartens. Der Advent ist nicht eine vierwöchige Geburtstagsfeier. 

 

Wir warten also immer mal wieder darauf, dass die Wäsche trocken wird und wir warten im Moment darauf, dass endlich Weihnachten wird.

Wir warten aber auch auf die Ankunft besser Zeiten: Wir warten auf die Ankunft eines Impfstoffs. Wir warten auf die Ankunft von Heilmitteln. 

 

Auch für diese Warterei bringen wir kaum noch Geduld auf. Leider.

Wir schaffen es nicht, abzuwarten, bis wir die Pandemie tatsächlich im Griff haben. Vielen ist der Geduldsfaden schon gerissen und sie schmeißen Masken, Regeln und jegliches Verständnis von sich. Und manchmal hat man sogar den Eindruck, dass sie sämtlichen Verstand von sich schmeißen. Ja: langes Warten macht einfach müde, besonders wenn einem während der Wartezeit so viel fehlt.

 

Trotzdem, auch wenn‘s schwerfällt: Habt Geduld!

Sagt auch der Verfasser des Jakobusbriefes. 

 

Anders als die Briefe von Paulus richtet sich dieser hier nicht an eine bestimmte Gemeinde, sondern ist für die Allgemeinheit gedacht. Und die Allgemeinheit muss Geduld haben! Nicht beim Wäschetrocknen, aber schon beim Warten auf Weihnachten.

 

Jetzt ist hier aber nicht das allererste Weihnachten mit Jesu Geburt in Bethlehem gemeint. Der Jakobusbrief wurde schließlich erst geschrieben, als Jesus schon lange gestorben und auferstanden war.

 

Diese frühen Christinnen und Christen warteten sozusagen auf ein zweites Weihnachten, denn Christus hatte ja kurz vor seiner Himmelfahrt versprochen, dass er wiederkommt und den Weltfrieden endlich einrichtet. Das ist das, was Jakobus meint, wenn er schreibt, dass das Kommen des Herrn nahe bevorsteht. Allerdings warten die Christinnen und Christen schon eine ganze Weile auf dieses zweite Weihnachten und damit sie nicht gleich ihren ganzen Glauben von sich schmeißen, mahnt Jakobus zur Geduld.

 

Wir Christinnen und Christen heute warten immer noch auf dieses zweite Weihnachten, denn bisher ist Christus noch nicht wiedergekommen. Das heißt: Auch da brauchen wir Geduld.

 

Und: Es lohnt sich richtig, Geduld zu haben!

·      Einerseits beim Wäschetrocknen, denn es gibt nichts Schöneres, als sich in Bettwäsche zu kuscheln, die einen ganzen Tag lang draußen in Wind und Sonne auf der Leine hing. 

·      Wenn wir geduldig auf Weihnachten warten, dann haben wir viel mehr vom Weihnachtsfest, finde ich, weil es dann noch etwas Besonderes ist. Dann haben wir nicht schon am ersten Weihnachtstag die Nase voll.

·      In Bezug auf diese unsägliche Pandemie ist das mit der Geduld besonders wichtig, weil es Leben rettet. Ich finde, das hat nochmal einen ganz anderen Stellenwert als die Lieblingsklamotten oder die Weihnachtsstimmung. 

Es geht ja bei dieser Art von Geduldsprobe nicht nur um überlastete Gesundheitsämter und überfüllte Intensivstationen. Es geht um Menschenleben! Weil es zu viele ungeduldige Regelgegner gibt, sterben Menschen! Also: Geduld haben heißt Leben retten. Ich weiß, das klingt krass, aber es ist so.

 

So, wie schaffen wir es aber jetzt, die Geduld aufzubringen oder zu behalten?

 

Um ungeduldigen Menschen zu helfen, die Zeit bis Weihnachten durchzustehen, gibt es Adventskalender. Solch ein Adventskalender verwandelt dieses nervige Warten in Vorfreude.

 

Um uns ungeduldigen Menschen dabei zu helfen, schwierige Zeiten durchzustehen, kann uns ebenfalls eine Art Adventskalender helfen. Wir müssen nur etwas finden, das unser Leben schön macht und uns im besten Fall tatsächlich Vorfreude auf die besseren Zeiten beschert.

 

Wir können uns einen Adventskalender für das ganze Jahr machen. Für jeden Tag tragen wir etwas in unseren Kalender ein, mit dem wir uns selbst - oder besser noch: anderen - etwas Gutes tun.

 

Die frühen Christinnen und Christen haben es auch hinbekommen sich und ihrem Glauben etwas Gutes zu tun und damit die Geduld nicht zu verlieren. Sie haben irgendwann angefangen jede Woche ein Osterfest zu feiern. So sind unsere Sonntagsgottesdienste entstanden: Sie sind tatsächlich kleine Osterfeste.

 

Wir könnten das auch tun. Wir könnten jede Woche ein Mini-Weihnachtsfest feiern, indem wir für den Frieden beten. Oder indem wir jemandem ein kleines Geschenk machen. Und ich meine damit nicht ein T-Shirt, das möglicherweise zum Lieblings T-Shirt wird und ständig in den Wäschetrockner muss. Aufmerksamkeit, Zeit oder eine liebevolle Geste zählen auch zu diesen Geschenken.

 

Wir könnten ja alle mal in diesem Advent überlegen, was uns selbst und anderen die Warterei auf die Ankunft besserer Zeiten leichter macht. Womit wir dann auch gleich die guten Vorsätze fürs neue Jahr parat hätten.


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Whistleblower

Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen

Team Welt