Je suis Marie - Ich bin Maria

 

Predigt am 17.01.2021 zu Johannes 2, 1-11

 

 

Ihr Lieben,

ich kann zwar kein Glockengeläut programmieren, und Wasser in Wein verwandeln kann ich auch nicht, aber dafür kann ich bei einem Auto die Reifen wechseln.

Zumindest konnte ich das mal. Ob ich das heute noch hinbekommen würde, weiß ich nicht, denn es ist schon sehr lange her, dass ich einen Autoreifen gewechselt habe. 

 

Auf die Idee, das Reifenwechseln zu lernen, bin ich allerdings nicht selbst gekommen. Ich war relativ frisch im Besitz meines Führerscheins, als mein damaliger Freund meinte, ich müsste wissen, wie man die Reifen an einem Auto wechselt. Zuerst wollte ich mich da gar nicht ranwagen. Wozu auch? Das halbjährliche Reifenwechseln von Sommer- auf Winterreifen (oder umgekehrt) übernahm ja die Werkstatt unseres Vertrauens. Und für den Fall, dass ich mal einen Reifenplatzer haben sollte, hatte ich die Nummer des ADAC im Portemonnaie.

 

Irgendwie hat mein Freund es aber doch geschafft, mich zu überreden. Ich glaube, er hat damals einfach sein Auto bei uns vors Haus gefahren, mir einen Wagenheber in die Hand gedrückt, und gesagt: „Fang an. Die Sommerreifen liegen im Kofferraum.“ Er hat gar nicht lange mit mir rumdiskutiert, sondern hat einfach den Stein ins Rollen gebracht.

 

Genauso hat Maria das mit Jesus gemacht, als bei der Hochzeitsfeier der Wein ausgegangen war. Maria war der Ansicht, es sei an der Zeit, dass Jesus demonstriert, wer er wirklich ist, und was für Fähigkeiten er hat.

Jesus antwortet zwar auf Marias Hinweis: "Sie haben keinen Wein mehr!"

mit: "Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen." Aber Maria geht trotzdem zu den Dienern und sagt: "Tut alles, was er euch sagt!" Und damit nimmt das Wunder seinen Lauf.

 

In dem Jesusfilm, den ich mit unseren Konfis immer wieder gerne gucke, ist das so dargestellt, als hätte Jesus zunächst nicht wirklich Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten. Er ist der Meinung, dass er noch nicht soweit ist. Man sieht in dieser Szene tatsächlich einen etwas unsicheren Jesus. Was ihn total sympathisch macht, weil es so menschlich ist!

 

Auch wir finden uns ja schnell in einer Situation wieder, in der wir etwas tun sollen, wofür wir aber noch gar nicht bereit sind oder wofür wir uns nicht geeignet fühlen. Auch wir sind mal unsicher.

 

Letzten Sonntag hatte ich gesagt, dass es völlig okay ist, zu sagen: Nein, das mache ich nicht. Jedenfalls, wenn wir etwas wirklich nicht können. Was das Programmieren der Glocken angeht, habe ich wirklich einen guten Grund, Nein zu sagen. Ich habe mich ja immerhin getraut, es mit dem Programmieren der Glocken zu versuchen. Ich habe nicht von Anfang gesagt, ich bin noch nicht soweit, ich mache das nicht. Es ist immer schön, wenn wir den Mut aufbringen, uns erstmal auf die Aufgabe einzulassen, die uns da gestellt ist.

 

Luca Block hatte zu diesem Thema auf Facebook einen schönen Kommentar geschrieben:

„Ich denke auch manchmal, dass ich vieles nicht kann, dabei ist es meistens nur die Angst davor, da hilft mir das ‚ins kalte Wasser springen‘ sehr, sich der Angst stellen und dadurch lernen damit umzugehen“.

 

Ja und manchmal brauchen wir vielleicht auch einfach jemanden, der / die uns ins kalte Wasser schubst, damit wir feststellen: Ich kann ja doch schwimmen. Natürlich ist der Schreck nicht so groß, wenn wir selber springen, aber wenn uns jemand schubst, dann ist auch eine helfende Hand da, die uns rausziehen kann, falls das mit dem Schwimmen doch nicht klappt.

 

Das bringt mich zu der Frage, was Jesus wohl veranlasst hat, bei der Hochzeitsfeier nun doch ein Wunder zu wirken, obwohl er es eigentlich gar nicht wollte. Was hat ihm Mut gemacht, sich der Aufgabe zu stellen? Was hat ihm das nötige Selbstvertrauen gegeben?

 

Ich kann mir gut vorstellen, dass das mit Maria zu tun hatte. Jesus war nicht alleine gelassen mit seinem Wunder, sondern er hatte seine Mutter an seiner Seite. In dem Jesusfilm, den ich mit Konfis immer gucke, ist Maria diejenige, die volles Vertrauen in die Fähigkeiten von Jesus hat und damit hat er die moralische Unterstützung, die er in dieser Situation braucht. Maria hätte Jesus zwar nicht dabei helfen können, das Wasser in Wein zu verwandeln, aber manchmal reicht schon die Anwesenheit eines Menschen, der an uns glaubt, damit auch wir selbst an uns glauben können. Gott glaubt ja sowieso an uns, aber wenn da zusätzlich noch ein Mensch ist, der das auch tut, dann ist es umso besser.

 

Ich hatte bei meinem ersten Reifenwechsel meinen damaligen Freund dabei, den ich hätte fragen können, für den Fall dass ich nicht alleine zurechtkomme. 

Ich hätte bei ihm auch nicht das Gefühl gehabt, mich zu blamieren falls es schiefgegangen wäre.

 

Eine Vertrauensperson, die an unserer Seite ist, ist also hilfreich. 

Das bedeutet im Umkehrschluss natürlich, dass wir auch selbst diejenigen sein können, die andere zu etwas richtig Gutem anstoßen und dann zur moralischen Unterstützung mit dabei bleiben. Also, nicht jemanden ins kalte Wasser schubsen und dann weggehen, sondern dableiben.

 

Es ist immer leichter, wenn jemand da ist, der / die einem signalisiert: Du schaffst das! Es motiviert uns selbst, wenn wir es zu hören bekommen, es hilft anderen, wenn wir es sagen und es kann dafür sorgen, dass wir alle am Ende über uns hinauswachsen.

 

Wir müssen ja nicht gleich Wasser in Wein verwandeln. Es reicht schon völlig, wenn wir das Rückgrat haben, jemandem zu sagen: Was du da machst ist falsch. Du behandelst einen anderen Menschen ungerecht und das ist nicht in Ordnung. Lass das sein!

 

Mit großer Wahrscheinlichkeit hat das einen Konflikt zu Folge, denn unser Gegenüber wird vermutlich nicht widerspruchslos hinnehmen, dass wir ihn oder sie als ungerecht bezeichnen. Wie gesagt: Ein Konflikt ist sehr wahrscheinlich und dieser Konflikt muss erst einmal ausgehalten werden. Da wäre es dann schön, wenn da eine Maria ist, die absolutes Vertrauen in unsere Fähigkeiten hat, die uns moralisch unterstützt und sagt: „Tut alles, was er / sie euch sagt.“

 

Diese Marias sind da, wir müssen sie nur finden. Und wir müssen sie selbst sein wollen. Denn: Je mehr Marias es gibt, desto mehr Wunder wird es in der Welt geben. Desto mehr wird von Gottes Herrlichkeit sichtbar.

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