Wir sind ein TEAM



(Predigt vom15.07.2018 zu  Philipper 2, 1-4)

 

„Ihr Lieben, was ist heute um 17:00 Uhr?“

„Anstoß!“

„Endspiel!“

„Anpfiff!“

„Finale der Fußballweltmeisterschaft!“


„Wer spielt heute?“

„Kroatien!“

„Frankreich!“

„Frankreich gegen Kroatien!“


„Wer spielt heute nicht?“

„Wir!“

„Deutschland!“


Kleine Anmerkung: Ich stelle meiner Gemeinde öfter mal solche Fragen während der Predigt und sie sind NICHT rhetorisch gemeint. Ich erwarte Antworten und bekomme sie auch fast immer :-)


Heute ist also das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft in Russland. Deutschland ist nicht im Endspiel. Manche behaupten, es läge daran, dass unsere Nationalmannschaft zwar aus guten Fußballern besteht, dass diese aber nicht in der Lage waren, als Team gut zusammen zu spielen. Die Geschlossenheit fehle, es habe Risse im Team gegeben. Außerdem wird bemängelt, dass es unter den Spielern keinen wirklichen Leader, also niemanden mit Führungsqualitäten gibt. Manchen Spielern wird sogar vorgeworfen, nur sich und ihre eigene Leistung in den Vordergrund gespielt zu haben. Außerdem unterstellt man unserer Nationalmannschaft, dass sie als amtierender Weltmeister eine gewisse Überheblichkeit an den Tag gelegt hätte, so nach dem Motto: Wir sind so gut, das gewinnen wir sowieso. 

 

Ob diese Kritik nun berechtigt ist oder nicht, sei dahingestellt, aber sie macht zumindest deutlich, worum es in einem Team geht:

Zusammen spielen! Gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Wenn das gelingt, dann stehen die Chancen gut, nicht schon in der Vorrunde rauszufliegen.

 

Es gibt einen ganz wunderbaren Satz in der englischen Sprache, der genau das auf den Punkt bringt, was da an unserer Nationalmannschaft kritisiert wurde: „There is no I in TEAM“. „I“ ist nicht nur der Buchstabe I, sondern es ist auch ein englisches Wort, das übersetzt „ich“ heißt. Es gibt also keinen Buchstaben I im Wort TEAM, aber es gibt auch kein „Ich“ im Team. Das hat ‘ne gewisse Logik.

 

Allerdings finde ich, dass man das Ganze nicht so schwarz-weiß sehen darf.

 Es gibt zwar kein „ich“ im Team, wenn es darum geht, dass immer nur meine Interessen Vorrang haben. Es gibt aber irgendwie doch ein „ich“, denn ich mit meinen Fähigkeiten und Begabungen bin ja Teil der Mannschaft. Es ist eben nicht nur das eine Ich, mein Ich, das zählt, sondern es gibt ganz viele Ichs. Auch dafür haben wir ein Wort: Wir.

 

Allerdings fangen mit dem „Wir“ die Probleme manchmal erst richtig an. Was da passieren kann, macht das folgende Akronym deutlich. (Ein Akronym ist ein Wort, das aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter gebildet wird.) Wir machen das jetzt mal umgekehrt und ordnen jedem Buchstaben des Wortes ein neues Wort zu.  TEAM kann dann stehen für: Toll, Ein Anderer Macht‘s!

 

In einem Team kann es durchaus passieren, dass wir uns hinter den anderen verstecken, dass wir abtauchen, um nicht gesehen zu werden und um gewisse Aufgaben nicht übernehmen zu müssen. Was auch immer die Gründe dafür sein mögen. Bei manchen ist es Unsicherheit. Faulheit kann ein Grund sein, oder Überforderung. Das Ergebnis ist dann, dass die Aufgaben nicht erledigt werden, wenn sich jeder auf den anderen / die andere verlässt. Wir sehen also, dass es ohne das Ich im TEAM doch nicht geht. Es geht nicht ohne MEINE Verantwortung. Es geht nicht ohne Eigenverantwortung.

 

Es gibt ein weiteres Akronym zu dem Wort Team, das mir besonders gut gefällt: TEAM = Talente Einbringen - Außergewöhnliches Meistern. Da geht es dann schon um das, was ich kann und was ich bin - zusammen mit dem, was alle anderen sind und können. Und vor allem: gleichberechtigt!

 

Das „Ich“ komplett aus dem Team zu streichen, ist auch nicht das, was Paulus meint, wenn er schreibt, „nehmt euch zurück

und achtet den anderen höher als euch selbst.“ Es geht ihm darum, uns klarzumachen, dass es mit Ich-Bezogenheit nicht funktioniert. Es ist kein Platz für Eigennutz und Eitelkeit im Team! Wenn wir den anderen höher achten als uns selbst, dann vermeiden wir die Ich-Bezogenheit, den Eigennutz und die Eitelkeit. Dann trainieren wir unsere Teamfähigkeit.

 

Ein bisschen Raum für das eigene Ich muss schon sein. Bei allem Höherachten der Anderen dürfen wir das Ich nicht völlig vernachlässigen. 

 Denn wenn wir nur noch das Wohl der anderen im Auge haben und nicht mehr unserer eigenes, dann droht Erschöpfung. Wenn wir uns selbst ständig an die letzte Stelle rücken, endet das oft in gesundheitlichen Problemen - seelischen wie körperlichen. 

 

Dass wir für uns selber sorgen ist also immens wichtig. Übrigens tun ja auch die Fußballer*innen viel für sich selbst: Genügend Freizeit, Auszeiten, Massagen, die richtige Ernährung und so weiter. Das müssen sie auch, damit sie für das Team fit sind. Wenn sie nicht auch an sich selber denken würden, dann wären sie gar nicht in der Lage gut Fußball zu spielen.

Dasselbe gilt für uns.

 

Nun sind wir ja aber keine Fußballmannschaft. Trotzdem sind wir immer Teil eines Teams: 

einer Schulklasse, 

der Feuerwehr, 

der Firma, in der wir arbeiten, 

unserer Familie, 

des Kulturkreises, in dem wir leben, 

der Trachtengruppe, des Sportvereins, 

einer Musikgruppe oder wir singen im Chor mit,

einer Religion, einer Nation,

und manchmal sind wir tatsächlich auch Teil einer Fußballmannschaft.

 

Und dann gibt es da zwei große Teams, denen wir angehören. Dem ersten Team gehören wir alle an. Dem zweiten zumindest eine Menge von uns. In beiden Teams ist es wichtig, dass wir gut zusammenarbeiten.

Wir gehören in jedem Fall zum Team Mensch und wir hier sind dazu noch im Team Kirche. Auch in diesen beiden Teams gilt es, die richtige Balance von „ich“ und „wir“ zu behalten. Da gilt es, in ausreichendem Maße dafür zu sorgen, dass es mir gut geht - aber ohne Eigennutz und Eitelkeit bitteschön. Da gilt es auch, den anderen oder die andere höher zu achten und dessen / deren Fähigkeiten mindestens als genauso wertvoll anzuerkennen wie meine eigenen.

 

Wenn wir das schaffen, dann sind wir ein richtig gutes Team und dann schaffen wir es spielend, unsere Talente einzubringen und Außergewöhnliches zu meistern: den Weltfrieden zum Beispiel.

 

Ich weiß, das ist ein superhoch gestecktes Ziel. Aber machbar! Wenn die Menschheit es hinkriegt, sich als ein Team aufzustellen, in dem sich alle gegenseitig achten und in dem alle einbringen, was sie sind und was sie haben - ohne Eitelkeit und Eigennutz, dann halten wir am Ende den Pokal in der Hand mit der Aufschrift „Frieden auf Erden“.

 

Wir haben übrigens heute zwei Elemente im Gottesdienst, bei denen es ebenfalls ums Team geht und die uns helfen, dieses hoch gesteckte Ziel auch zu erreichen. Diese beiden Elemente sorgen für Verstärkung und für Stärke: Wir taufen ein Kind und wir feiern Abendmahl.

 

Die Taufe ist die offizielle Aufnahme in das Team Kirche. So bekommen wir unsere Verstärkung! Ich weiß, der kleine N.N. sieht noch nicht so aus, als könnte er eine Verstärkung für unser Team sein. Aber er wächst ja noch. Und er trainiert ja noch. N.N. bekommt im Team Kirche übrigens einen super Trainer: Jesus Christus. Der trainiert ihn dann, bis er seine eigenen Talente einbringen kann. Und wir sind wieder aufgefordert, diesen Menschen, der da neu dazukommt, erstmal höher zu achten als uns selbst und dabei unsere Eitelkeit und unseren Eigennutz beiseite zu lassen. Das ist im Grunde das, was ihr alle versprecht, wenn ihr nachher die Tauffrage beantwortet (nicht nur Eltern und Pat*innen - die Tauffrage stelle ich dem Rest der Gemeinde genauso). Wenn wir also das beachten, wozu Paulus uns da ermahnt in Sachen Teamfähigkeit, dann kann für N.N. im Grunde nichts mehr schiefgehen.

 

Für uns kann eigentlich auch nicht viel schiefgehen. Jesus Christus ist ja auch unser Coach, der uns eine sehr gute Strategie für unser Leben liefert. Das Abendmahl kommt dann noch obendrauf. Das Abendmahl fördert unsere Gemeinschaft und es soll uns die Kraft geben, all das zu meistern, wozu das Leben uns herausfordert. Das Abendmahl ist, wie ich finde, auch ein gutes Trainingsgelände: Wenn ihr zum Abendmahl kommt, dann schaut euch doch einfach mal um und nehmt wahr, wer da noch alles so um euch rumsteht. Und versucht, diese Menschen so zu sehen, wie Gott sie sieht: Mit ganz viel Liebe. Dann stellt ihr fest: Das sind alles ganz wunderbare Menschen, die es verdient haben geachtet zu werden! Genauso wie ihr selbst. Ich sag‘ ja: Bestes Trainingsgelände für Teamfähigkeit, denn es stärkt die Gemeinschaft.


Also: Die Taufe sorgt für die Verstärkung im Team Kirche und das Abendmahl für die Stärke, die wir brauchen, um unser Leben zu meistern.

 

Und wir alle zusammen sind das beste Team, das die Welt je gesehen hat! Ja, ich glaube das wirklich! Ich weiß, wir haben alle unsere Fehler. Und ja: Es läuft vieles schief - im Team Mensch wie auch im Team Kirche. Immer wieder. Trotzdem denke ich, dass wir irgendwann den Hass, die Intoleranz und die Gewalt besiegen und Weltmeister werden können – Weltmeister in der Versöhnung, in der Liebe und vielleicht auch irgendwann wieder im Fußball. 

 

Wir müssen nur einfach den Arsch hochkriegen und anfangen zu trainieren!

 

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