Ermutigung und Ausdauer




(Predigt am 3. Advent  zu Römer 15, 4-13 in der Übersetzung der BasisBibel)

Ihr Lieben,
jedes Jahr im Mai findet hier auf Helgoland ein Marathon statt. Ein Marathon hat eine Laufstrecke von 42,195 Kilometern und das an sich ist schon monsteranstrengend. Der Helgolandmarathon hat es aber besonders in sich, denn hier kommen im Höhenprofil 45 Höhenmeter dazu, die fünfmal zu überwinden sind. Und dann der Wind! Auch im Mai kann es stürmische Tage geben und ich weiß aus Erfahrung, wie anstrengend und zermürbend es sein kann, gegen den Wind anzukämpfen.

Nun laufe ich selber keine 42 Kilometer. Bei mir sind es nur sechs, aber ich versuche schon, drei bis vier Mal in der Woche, diese sechs Kilometer zu absolvieren.

Die Witterungsverhältnisse sind dabei immer ganz unterschiedlich. Ich kann nur früh morgens laufen, weil ich das sonst nicht in meinen vollen Tag unterbringen kann. Das heißt, ich laufe im Moment im Dunkeln. Dazu kommt dann vielleicht noch Regen, und dann der Wind. Der setzt mir auch unter 8 Windstärken schon gehörig zu. Es ist nicht schön, wenn man ständig gegen an muss. Es ist aber auch nicht schön, wenn einem von hinten oder von der Seite die Windböen fast die Beine weghauen.

Da ist dann nicht nur körperliche Ausdauer gefragt sondern auch mentale. Die Ausdauer fängt bei mir im Grunde schon an, wenn der Wecker klingelt und ich den Regen aufs Fenster trommeln hören kann. Wenn mir mein Handy dann noch erzählt, dass der Wind Geschwindigkeiten von über 50 Stundenkilometern hat (das wäre dann schon Windstärke 7), kostet es mich echt Überwindung, die Laufschuhe anzuziehen und rauszugehen.

Ich brauche also einerseits körperliche Ausdauer, um meine 6 Kilometer zu schaffen und andererseits brauche ich mentale Ausdauer, um überhaupt immer wieder aus dem Bett zu kommen. Und für die Ausdauer muss ich trainieren.

Was dabei hilft, sich die Ausdauer anzutrainieren, ist ständige Ermutigung. Von meinem Mann bekomme ich die so früh morgens noch nicht, denn da schläft er noch. Aber im Verlauf des Tages findet er schon immer mal wieder ermutigende Worte. Was mich ebenfalls ermutigt, ist die Tatsache, dass Sport gut für meine Gesundheit ist. Meine ständigen Rückenschmerzen haben so deutlich abgenommen, seit ich regelmäßig laufe. Da sind wir dann auch bei dem Grund, warum ich das sogar bei Wind und Regen tue. Natürlich würde ich auch viel lieber bei lauen 20 Grad in den Sonnenuntergang laufen, als mich bei Dunkelheit und Regen durch 6-8 Windstärken zu kämpfen. Aber ich weiß, dass es mir guttut. Deshalb mache ich das.

Beim Marathon gibt es die Ermutigung durch Streckenposten. Ich kann von meinem Balkon aus immer gut beobachten, wie sie klatschen und johlen, wenn ein Läufer oder eine Läuferin vorbeikommt. Aber nicht nur das: Sie reichen ihnen auch einen Becher mit Wasser oder eine Banane zur Stärkung.

Wenn man Marathonläufer*innen fragt, warum sie Marathon laufen, dann bekommt man unter anderem folgende Antworten:
- um mir selbst zu beweisen, dass ich es durchziehen und schaffen kann.
- um abzuschalten
- um eine neue Herausforderung zu finden
- in Gemeinschaft: Um zusammen unschlagbar zu sein

Die Aussage „Wir laufen Marathon, um zusammen unschlagbar zu sein“ gefällt mir am besten. Jedenfalls im Hinblick auf das, was Paulus von uns will. 
Paulus will nämlich, dass wir im Glauben unschlagbar sind, dass wir unsere ganze Hoffnung auf Jesus Christus setzen, durch den alles neu werden kann - in dieser Welt und in der, die noch kommt.

Ich habe denselben Wunsch wie Paulus: Ich will auch unschlagbar sein, wenn es um den Glauben geht, dass wir mit Jesus Christus die Welt verändern und sie zu einem besseren Ort machen können. Ich will auch unschlagbar sein, wenn es um den Glauben geht, dass mit dem Tod nicht alles zuende ist. Und ich will gemeinsam mit euch unschlagbar darin sein.

Aber wenn wir im Glauben und als christliche Gemeinschaft unschlagbar sein wollen, dann brauchen wir Ermutigung und Ausdauer - wie ein Marathonläufer oder eine Marathonläuferin.

Es gibt nämlich auch hier Dinge, die einen zermürben können. Es gibt auch in Glaubensdingen erheblichen Gegenwind, gegen den wir ankämpfen müssen. Ich denke da zum Beispiel an die Menschen, die die Menschrechte und die Menschlichkeit mit Füßen treten. Das sind die, die das Leben nicht wertschätzen, egal um welche Form von Leben es sich handelt. Das sind für mich die Menschen, die nur den eigenen Vorteil suchen und dazu ohne Rücksicht auf Verluste alle Ressourcen ausbeuten - menschliche und die der Umwelt. Das sind die, die fundamentale christlichen Werte nicht achten. Diese Werte finden sich übrigens nicht nur im Christentum sondern in vielen anderen Religionen und Kulturen auch: Nicht töten, nicht stehlen, die Mitmenschen achten, Hilfe leisten, Frieden stiften und so weiter.

Menschen, die diese Werte missachten oder sogar ablehnen, sind für mich die Heiden. In unserem Text aus dem Römerbrief werden die Heiden auch erwähnt, aber da meint Paulus natürlich andere Leute, als die, die ich gerade genannt habe. Bei Paulus wie auch sonst oft in der Bibel geht es bei den Heiden in erster Linie um Menschen, die nicht an den Gott Israels glauben, also Menschen ohne jüdische Vorprägung. Später im Verlauf der Geschichte wurden aus den Heiden Menschen, die ganz allgemein nicht dem christlichen Glauben angehörten. 
Von denen gab es zur Zeit des Paulus sehr viele, denn das Christentum gab es ja noch nicht lange. Die Christinnen und Christen damals waren gerade in Rom eine ganz kleine Minderheit, die in den jüdischen Synagogen nicht mehr geduldet wurde, und verfolgt wurden sie am Ende auch noch. Es gab, wie wir sehen, damals auch schon ganz viele Dinge, die einen Christen oder eine Christin zermürben konnten. Ich kann mir gut vorstellen, dass es da so einige gab, die sich dachten: Also bevor ich hier auch noch meine Freiheit oder mein Leben riskiere, lasse ich das lieber sein mit dem christlichen Glauben.

Deshalb erzählt Paulus der Gemeinde in Rom, dass ihnen Ermutigung und Ausdauer dabei helfen, den Mut nicht zu verlieren.

Heute sind Christinnen und Christen zwar keine klitzekleine Minderheit mehr, sondern eine Weltreligion, aber es gibt trotzdem Dinge, die uns zermürben können. Diejenigen, die Leben, Würde, und Menschlichkeit mit Füßen treten hatte ich ja schon erwähnt. Das bedeutet Krieg, das bedeutet Terror, das bedeutet Angst, das bedeutet Leid.
Davon gibt es leider zu viel auf der Welt und das zermürbt mich. Deshalb brauche ich wie die Christinnen und Christen damals in Rom die Ermutigung, meinen Glauben weiter zu leben. Deshalb brauche ich Ausdauer, um nicht irgendwann alles hinzuschmeißen.

Auch der Tod, kann uns zermürben. Oft ist er die Folge von Krieg und Terror. Manchmal taucht er aber auch einfach so auf. Da ist das Leben sowieso schon schwer und dann stirbt auch noch ein geliebter Mensch und man möchte im Grunde nur noch aufgeben. Auch da brauchen wir Ausdauer und wir brauchen Ermutigung. Und die bekommen wir.

Ermutigung finde ich zum Beispiel in der Bibel: da wo immer wieder davon die Rede ist, wie sehr Gott mich liebt. Da wo immer wieder die Rede von Auferstehung und neuem Leben ist. Da wo immer wieder die Rede von Rettung ist. 

Ermutigung finde ich auch in unserer christlichen Gemeinschaft. Ermutigung finde ich durch Menschen, die mir immer wieder sagen: Mach weiter! Es ist gut und es ist richtig, was du tust. Ich selber kann dann losgehen und anderen dasselbe sagen. Ich kann losgehen und auch anderen Menschen Mut machen, nicht aufzugeben.

Ermutigung bekomme ich aber ganz besonders durch Jesus Christus. Er ist mein Streckenposten, der mich anfeuert und der mir das gibt, was ich brauche, um Kraft zu schöpfen.

Was die Ausdauer angeht: Ich kann mich Gott und seinem Wort immer wieder aussetzen – wie auch immer und wo auch immer. Das wäre dann das Training, das dafür sorgt, dass ich genug Ausdauer habe für den langen Weg des Glaubens, der da noch vor mir liegt. Das wäre das Training, das dafür sorgt, dass ich genug Ausdauer habe, um mein Ziel zu erreichen.

Ich finde, Ausdauer und Ermutigung sind sehr gute Voraussetzungen, um einen Marathon bis zum Ende laufen zu können - den Helgoland Marathon genauso wie den Glaubensmarathon. Und es ist ultrawichtig, dass wir diesen Marathon bis zum Ende laufen: weil es gut für uns ist und weil es gut für diese Welt ist. 

Unser Glaube kann die Welt verändern und wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben, dass wir gemeinsam so unschlagbar sind, dass wir dieses Ziel auch erreichen.


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