Ob Maria gerne hingeschmissen hätte?

Bilder aus Vivat: Auszeit für die Seele - Der Adventskalender 2018

(Predigt am 4. Advent    zu Lukas 1, 26-56)

Ihr Lieben,
Es heißt ja: Frauen gehen immer zu zweit aufs Klo.

Vor Weihnachten haben mein Mann und ich uns die 6. Staffel der amerikanischen Fernsehserie „Chicago Fire“ angesehen. Die Serie erzählt, was die Feuerwehrleute und Rettungssanitäterinnen der Feuerwache 51 in Chicago so alles erleben.

In einer Folge gehen die beiden Rettungssanitäterinnen Sylvie und Gabriella zu zweit aufs Klo. Eigentlich gehen die beiden öfter mal zu zweit aufs Klo: meistens um in Ruhe über wichtige Dinge reden zu können. In diesem besonderen Fall geht es um einen Schwangerschaftstest. Sylvie hatte schon seit einiger Zeit mit morgendlicher Übelkeit zu kämpfen und dazu ist ihre Regel ausgeblieben. Gabriella vermutete deshalb eine Schwangerschaft bei ihrer Freundin und Kollegin. 

Na gut, die beiden sind nicht wirklich gemeinsam auf dem Klo. Die eine ist auf der Toilette, um den Test zu machen und die andere wartet draußen. Was wichtig ist an dieser Situation, ist die Tatsache, dass Sylvie mit dem Test unter keinen Umständen alleine gelassen werden wollte. Das ging schon los, als sie in der Drogerie den Schwangerschaftstest kaufen sollte. Sylvie traute sich nicht, das alleine zu tun und brauchte schon jemanden an ihrer Seite. 

Sylvie braucht den Beistand einer Freundin, weil eine Schwangerschaft sie total aus der Bahn werfen würde. Zumindest meint sie das. Sie hat mit ihrem Ex-Freund geschlafen, ohne dass die beiden miteinander in einer festen Beziehung wären. Sie könnte also unter Umständen als alleinerziehende Mutter enden. Sie hat keine Ahnung, ob sie in irgendeiner Form Unterstützung vom Vater des Kindes bekommen würde. Und das, wo sie doch voll berufstätig ist – voll berufstätig sein mussum sich und später vielleicht das Kind ernähren zu können! Wir dürfen nicht vergessen, dass das soziale Netz in den USA nicht mit unserem zu vergleichen ist. Mutterschutz und Elternzeit gibt es da nicht. Sylvie sagt: Ich darf nicht schwanger sein. Sie hat Angst vor einem Kind.

Am Ende stellt sich heraus, dass es falscher Alarm war. Sylvie ist nicht schwanger. Das Kuriose ist, dass sie richtig enttäuscht ist! Irgendwie hätte sie sich doch sehr über ein Kind gefreut.

Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass eine Schwangerschaft zwei Seiten haben kann: Eine schöne, freudige Seite, die einen jubeln und glücklich sein lässt, so wie Maria im Lukasevangelium beschrieben wird. Aber ein Kind zu bekommen ist auch mit Herausforderungen verbunden. Darüber hören wir in Bezug auf Maria leider nicht viel. Wir wissen immerhin, dass Maria schon in einer ziemlich blöden Situation ist. Sie ist mit Josef verlobt, wird plötzlich schwanger und Josef weiß, dass das Kind definitiv nicht von ihm ist. Das bringt Maria in echte Schwierigkeiten, besonders in der damaligen Gesellschaft zur damaligen Zeit. Dazu kommt, dass Maria noch sehr jung ist, nicht älter als 14 wird vermutet. Das war das gängige Alter, in dem die Frauen damals verheiratet wurden. Und: Josef spielt ja tatsächlich mit dem Gedanken, Maria in die Wüste zu schicken.

Was wäre also, wenn Maria einfach nein gesagt hätte zur Mutterschaft? Gut, eine Babyklappe gab es damals noch nicht, aber sie hätte sicher einen Weg finden können, das Baby von einer anderen Familie adoptieren zu lassen. Über Abtreibung will ich hier gar nicht erst weiter nachdenken.

In der Bibel wird nur beschrieben, wie demütig sie ihren Auftrag annimmt und wie sehr sie sich letztlich darüber freut, den Sohn Gottes auf die Welt bringen zu dürfen. Sie freut sich so sehr, dass sie einen Lobgesang für Gott anstimmt: das Magnificat.
Ich kann mir aber gut vorstellen, dass Maria durchaus ihre Momente der Verzweiflung hatte und drüber nachdachte, wie sie aus dieser Situation entkommen könnte. So Friede-Freude-Lobgesang ist es bestimmt nicht die ganze Zeit gewesen. Mir kann keiner erzählen, dass Maria zwischendurch nicht immer mal wieder überfordert und total frustriert war!

Was mir ebenfalls in den Sinn kommt bei dieser Geschichte, ist die Frage, ob Maria nicht auch mal daran gezweifelt hat, dass da wirklich Gott am Werk ist. Wenn heutzutage eine Jungfrau plötzlich und auf unerklärliche Weise schwanger wird, dann würde ich dahinter eher K.O. Tropfen vermuten, die ihr jemand in den Drink geschüttet hat als einen göttlichen Eingriff ins Leben der jungen Dame.

Mich fasziniert es schon, dass diverse biblische Gestalten gleich wissen, dass Gott seine Finger im Spiel hat. Ich bewundere diesen felsenfesten Glauben und dieses unerschütterliche Vertrauen.

Wobei ich, wie gesagt, nicht denke, dass Maria dieses Vertrauen die ganze Zeit hatte. Sie hat bestimmt auch gezweifelt. Sie war bestimmt auch irgendwann an dem Punkt, an dem sie am liebsten den ganzen Gottesmutter-Kram hingeschmissen hätte und weggelaufen wäre.

Allerdings wäre der Versuch wegzulaufen wenig effektiv gewesen. Das haben schon andere versucht und sind kläglich gescheitert. Jona zum Beispiel. Der wollte auch nicht die Aufgabe erledigen, für die Gott ihn vorgesehen hatte. Er hat versucht vor seiner Aufgabe wegzulaufen, aber am Ende hat Gott ihn doch eingeholt. Maria wäre es vermutlich ähnlich ergangen.
Ja, wir Menschen haben einen freien Willen. Aber Gott hat einen Plan. Und Gott findet immer Mittel und Wege, uns davon zu überzeugen, unseren Teil in diesem Plan zu erfüllen.
Ein Mittel ist, dass er uns nicht alleine im Regen stehen lässt. Maria hat er Elisabeth an die Seite gestellt. Und Elisabeth hat er Maria an die Seite gestellt. Die eine ist als Jungfrau im Teenageralter plötzlich schwanger. Die andere ist als alte unfruchtbare Frau ebenfalls plötzlich schwanger. Damit muss frau erstmal klarkommen. Frau ist damit klargekommen, denn die beiden haben sich. Sie müssen das nicht alleine durchstehen, sondern können sich gegenseitig unterstützen.

Ich hatte eingangs gesagt, dass Frauen immer zu zweit aufs Klo gehen. Ich habe das auch schon gemacht. Und mich genau da mit einer Freundin über wichtige Lebensfragen ausgetauscht. Auf dem Klo habe ich mein Herz ausgeschüttet, meinen Liebeskummer gebeichtet, geheult wie ein Schlosshund und mich von meiner Freundin in den Arm nehmen und trösten lassen. Außerdem hatte ich auf dem Klo auch gleich einen Wasserhahn in der Nähe, um die verlaufene Wimperntusche abzuwaschen.

Keine Ahnung, warum sich für solche Herzensangelegenheiten gerade das Klo anbietet. Das ist vermutlich ein ähnliches Phänomen wie die Tatsache, dass es auf Partys immer am schönsten in der Küche ist. Auf einer Party findet die wahre Party in der Küche statt, auch wenn es im Wohnzimmer zehnmal gemütlicher ist.

Was ich damit sagen will, ist folgendes: Ja, Gott fordert uns heraus. Ja, Gott macht uns das Leben schwer mit seinem Plan, die Welt zu retten. Ja, wir sind oft überfordert, mit dem, was Gott von uns will. Aber: Er hilft uns auch. Er rüstet uns mit dem aus, was wir brauchen, um unsere Aufgabe bewerkstelligen zu können. 

Für die eine ist es eine verständnisvolle Freundin bei der unvorhergesehenen Schwangerschaft, die ein offenes Ohr und vor allem ein offenes Herz hat. 
Für den anderen ist es ein Freund, der ihm in einer völlig verfahrenen Situation Mut macht, jetzt bloß nicht aufzugeben.

Das ist ja das Schöne an uns Christinnen und Christen: Wir sind nicht alleine. Wir haben uns. Wenn wir unseren Teil an Gottes Weltrettungsplan erfüllen wollen, dann geht das nur in Gemeinschaft.

Das ist die eine Botschaft, die ich laut und deutlich aus der Geschichte von Maria und Elisabeth heraushöre. Die andere ist diese: Sei achtsam! 

Gehe mit Achtsamkeit durch die Weihnachtszeit und gehe mit Achtsamkeit durch dein Leben, damit du merkst, dass Gott es ist, mit dir redet, wenn er mit dir redet. Maria war achtsam, denn sonst hätte sie vermutlich wirklich alles hingeschmissen. Dasselbe gilt für Elisabeth. Wer will in dem Alter noch ein Kind aufziehen? Elisabeth lässt sich aber darauf ein, weil sie gemerkt hat, dass Gott hier am Werk ist. Das ist alles Teil von Gottes Plan.

Und jetzt die spannende Frage an uns alle: Wo ist Gott in unserem Leben am Werk? Was ist unsere Aufgabe? Die Zeichen sind da. Die Engel sind da, die uns sagen, was als Nächstes kommt. Wir müssen sie nur zu Wort kommen lassen. Und dann müssen wir das Vertrauen aufbringen, dass alles schon so läuft, wie es laufen soll. Und dass es gut ist.

Fürchtet euch nicht!


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Team Welt

Whistleblower

Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen