Wir können Gottes Plan nicht verhindern




(Predigt am 07.04.2019 zu  Johannes 18, 28 - 19, 5)

Ihr Lieben,
1998 war ich für ein knappes halbes Jahr in Papua-Neuguinea. Ich hatte gerade mein Theologiestudium beendet und musste bis zum Vikariat noch Zeit überbrücken. Also bewarb ich mich für ein Stipendium des Nordelbischen Missionszentrums. Heute ist es das Zentrum für Mission und Ökumene der Nordkirche. Ich wurde angenommen und durfte die kirchliche Arbeit am anderen Ende der Welt kennen lernen.

Papua Neuguinea war damals schon ein sehr unsicheres Land. Gerade im Hochland mussten wir immer mit Straßensperren und Überfällen durch Einheimische rechnen. Zum Glück musste ich die Erfahrung eines Überfalls nicht machen. Aber ein Mitarbeiter in der Partnerschaftsarbeit, Kipoi Tokali, erzählte, dass er Opfer eines solchen Überfalls geworden war. Er berichtete, dass er mit einem Auto der Kirche unterwegs gewesen war und dass sein Auto durch eine Straßensperre angehalten wurde. Es lag ein Baumstamm quer über der Straße und er kam nicht weiter. Bevor er noch reagieren und umdrehen konnte, war er auch schon aus dem Auto gezerrt worden und hatte eine Waffe an der Schläfe. Man wollte sein Geld. Leider hatte Kipoi gar kein Geld dabei, was die Sache noch gefährlicher für ihn machte. Es war bekannt, dass Straßenräuber ihre Opfer nicht unbedingt am Leben ließen, besonders, wenn bei ihnen nichts zu holen war. Aus Frust brachten sie sie um. Kipoi erzählte, dass er trotz der gefährlichen Situation ganz ruhig geblieben war. Er zeigte auf das Kirchenlogo am Fahrzeug (ELCPNG, Evangelical Lutheran Church in Papua-Newguinea) und sagte zu dem Mann, der ihm die Waffe an die Schläfe hielt: Du bestimmst nicht, ob ich lebe oder sterbe. Das entscheidet Gott. Wenn du mich also umbringen willst, hat Gott immer noch das letzte Wort. Wenn es so sein soll, dann wird es so sein. Wenn nicht, dann kannst du nichts ausrichten.
Kipoi blieb am Leben. Der gute Ausgang dieser Geschichte hat sicher auch einer Menge mit dem Geister- und Ahnenglauben vieler Einheimischer in Papua-Neuguinea zu tun. Der Mann war fest davon überzeugt, dass Kipoi die Wahrheit sagte, und dass der Gott, an der er glaubte, wirklich so mächtig war, dass er über Leben und Tod bestimmen konnte. Der Räuber wollte selbst keinen Fehler machen und sich den Zorn dieses offensichtlich so mächtigen christlichen Gottes zuziehen und ließ von Kipoi ab, der dann einfach weiterfahren durfte. Kipoi glaubte übrigens auch ganz fest an die Macht unseres christlichen Gottes. Er war fest von dem überzeugt, was er da über Gott gesagt hatte: Gott bestimmt, nicht wir. Und wenn unser Plan anders aussieht als Gottes Plan, dann können wir nichts ausrichten. So einfach ist das.

Kipoi war am Leben geblieben. Jesus nicht.
Und das ist so unfair! Dreimal stellt Pilatus fest: Ich finde keine Schuld an ihm. 
Ich konnte früher als Kind und auch Jugendliche noch nie fassen, warum Jesus am Ende doch am Kreuz sterben muss. Nur Pilatus, der römische Statthalter, hat das Recht Todesurteile zu vollstrecken. Und gerade der befindet Jesus für schuldlos. Die Nummer mit Barabas, die dann kommt, fand ich an den Haaren herbeigezogen. Das kann Pilatus doch nicht tun: einfach das Volk entscheiden lassen, wen es freigelassen haben will! Das kann die Menschenmenge doch nicht tun: Den Schuldigen frei haben wollen. Da müssen doch einfach genügend Leute sein, die Jesus frei haben wollen. Aber die schweigen. Wie kann das angehen?! Das ist so ungerecht! Aber es musste so sein, denn es steckt Gottes Plan dahinter. Heilsplan heißt der auch, weil es sich bei diesem Plan um das Heil der ganzen Menschheit dreht. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, hat die Geschichte doch ein Happy End, für uns nämlich. Unsere Vergebung und unser Heil sind möglich, weil Jesus so ungerecht verurteilt und hingerichtet wurde.

Und auch hier gilt, genauso wie bei Kipoi: Es ist Gottes Wille, der entscheidet, nicht der des Volkes, nicht der der Pharisäer, nicht der der Römer. Es ist auch nicht unser Wille, der entscheidet. 
Es ist Gottes Urteil, das zählt. Das betrifft auch uns.
Wir hier müssen zwar nicht unbedingt mit Straßensperren und Raubüberfällen rechnen wie in Papua-Neuguinea. Wir müssen auch nicht damit rechnen, gekreuzigt zu werden. Dafür gibt es andere Situationen, in denen wir uns ausgeliefert und hilflos fühlen: wenn wir an einer schweren Krankheit leiden, wenn wir in der Schule oder am Arbeitsplatz gemobbt werden, wenn Naturkatastrophen unser eigenes Leben bedrohen oder das geliebter Menschen, Wenn ein Feuer unser Zuhause und unser ganzes Hab und Gut zerstört, wenn wir arbeitslos werden und unsere Existenz bedroht ist, wenn wir Opfer von Unfällen werden, oder wenn wir unter Hass und Gewalt leiden müssen.
Dann ist es gut zu wissen, dass wir in Gottes Hand sind. Und da kann uns niemand herausreißen. So wie Kipoi niemand aus Gottes Hand reißen konnte. Auch nicht mit einer Waffe. Am Ende ist es beruhigend zu wissen, dass alles kommt, wie es soll. Gerade wenn ich mein Schicksal nicht mehr in der Hand habe, ist es gut zu wissen, dass Gott es in der Hand hat.
Gerade wenn ich in einer Situation bin, in der ich mich ausgeliefert fühle und glaube, nichts ausrichten zu können, dann wünsche ich mir das grenzenlose Vertrauen in Gottes Plan, das ein Kipoi Tokali gehabt hatte.

Das Vertrauen darauf, in Gottes Hand zu sein, egal, was passiert, kann uns Kraft geben uns helfen, unser Leben zu meistern. Das kann sehr entlastend sein. Das kann uns eine Menge Druck nehmen und gelassener werden lassen, denn es geschieht sowieso alles, wie es soll. 

Es gibt einen ganz wunderbaren Satz aus dem Irischen Segen von der Gruppe „Die Priester“, der genau das ausdrückt, was man empfinden kann, wenn das Vertrauen auf Gottes Plan da ist:
„(...) ohne Zweifel entfaltet sich die Schöpfung so, wie sie es soll.
Lebe in Frieden mit Gott
wie du ihn jetzt für dich begreifst
und was auch immer deine Mühen und Träume sind 
in der lärmenden Verwirrung des Lebens, 
halte Frieden mit deiner eigenen Seele.“

Wenn wir also darauf vertrauen, dass sich alles entwickelt, wie es soll, dann können wir in Frieden mit Gott leben und mit unserer eigenen Seele.

Die Kehrseite der Medaille ist die, dass wir uns fragen müssen: Habe ich dann überhaupt noch Einfluss auf mein Leben? Habe ich dann überhaupt noch Einfluss auf den Lauf der Welt? Oder bin ich einfach nur eine Marionette und Gott zieht an den Fäden?

Ich denke, beides ist möglich. Ja, die Schöpfung entfaltet sich so, wie sie soll. Und ja: Ich kann immer noch eigene Entscheidungen treffen. Ich kann mich immer noch richtig oder falsch entscheiden. Jesus hätte sich anders entscheiden können. Er hätte sagen können: Okay, ich bin gar kein König. Alles nur ein Missverständnis. Lasst mich einfach frei und ich mache euch keinen Ärger mehr. Und dann hätte Gott einen anderen Weg gefunden, um seinen Heilsplan umzusetzen, da bin ich mir sicher. Jesus wusste aber, dass Gott einen Plan hat. Jesus wusste, dass Gottes Wille zählt und hat sich deshalb richtig entschieden. Jesus wusste, sein Schicksal liegt in Gottes Hand. Und da ist es gut aufgehoben.

Ich glaube, wir haben ähnliche Möglichkeiten. Wenn wir nicht das tun, wozu Gott uns bestimmt hat, nämlich die Liebe zu leben, dann wird er andere Möglichkeiten finden, die Liebe in die Welt zu bringen. Auch unser Schicksal liegt in Gottes Hand und auch unser Schicksal ist da gut aufgehoben, selbst wenn wir uns immer mal wieder für das Falsche entscheiden. Das sagt uns, dass bei all der Ungerechtigkeit, die es in der Welt gibt, bei all der Unfairness und bei all den falschen Urteilen, am Ende doch die Liebe siegen wird.

Gott hat einen Plan und dieser Plan heißt Liebe. Die konnte ein Kaiphas nicht verhindern. Die konnte ein Pilatus nicht verhindern. Die konnte ein Straßenräuber im Hochland von Papua-Neuguinea nicht verhindern. Die können wir Menschen nicht verhindern, auch wenn wir noch so viel falsch machen.

Gott hat einen Plan. Der Plan ist Liebe. Und wir sind Teil davon – ob wir wollen oder nicht.
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Hier ist noch der vollständige Irische Segen der Gruppe „Die Priester“:
Geh deinen Weg
Geh deinen Weg ruhig mitten in Lärm und Hast
und wisse welchen Frieden die Stille schenken mag.
Steh mit allen auf gutem Fuße wenn es geht,
aber gibt dich selber nicht auf dabei.

Sag deine Wahrheit immer ruhig und klar und hör auch die anderen an.
Selbst die Unwissenden, Dummen, auch sie haben ihre Geschichte.
Laute und zänkische Menschen meide, sie sind eine Plage für dein Gemüt.

Wenn du dich selbst mit anderen vergleichen willst wisse,
dass Eitelkeit und Bitterkeit dich erwarten,
denn es wird immer größere und geringere Menschen geben als dich.

Freu dich an deinen Erfolgen und Plänen, strebe wohl danach weiterzukommen,
doch bleibe bescheiden – das ist ein guter Besitz im wechselnden Glück des Lebens.

Übe dich in Vorsicht bei deinen Geschäften, die Welt ist voll Tricks und Betrug,
aber werde nicht blind für das, was dir an Tugend begegnet.
Sei du selber, vor allem, heuchle keine Zuneigung wo du sie nicht spürst,
doch denke nicht verächtlich von der Liebe wo sie sich wieder regt.
Sie erfährt so viel Entzauberung, erträgt so viel Dürre
und wächst doch voller Ausdauer immer neu - wie das Gras.

Nimm den Ratschluss deiner Jahre mit Freundlichkeit an
und gib deine Jugend mit Anmut zurück, wenn sie endet.
Pflege die Kräfte des Gemüts, damit es dich schützen kann,
wenn Unglück dich trifft, aber überfordere Dich nicht durch Wunschträume,
viele Ängste entstehen durch Enttäuschung und Verlorenheit.

Erwarte eine heilsame Selbstbeherrschung von dir,
im Übrigen aber sei freundlich und sanft zu dir selbst.
Du bist ein Kind der Schöpfung nicht weniger wie die Bäume und Sterne es sind.
Du hast ein Recht darauf hier zu sein und ob du es merkst oder nicht,
ohne Zweifel entfaltet sich die Schöpfung so, wie sie es soll.

Lebe in Frieden mit Gott wie du ihn jetzt für dich begreifst
und was auch immer deine Mühen und Träume sind in der lärmenden Verwirrung des Lebens, halte Frieden mit deiner eigenen Seele.
Mit all ihrem Trug, ihrer Plackerei und ihren zerronnenen Träumen,
die Welt ist immer noch schön!

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