Nicht nur lesen, sondern tun


Predigt am 23.06.2019 zu Johannes 5, 39-47


Ihr Lieben,
ich habe mal meine ganzen Bibeln gezählt. Es sind 36. Zumindest, wenn ich beim Zählen keine vergessen habe. Das schließt Bibeln in anderen Sprachen mit ein wie zum Beispiel in Neomelanesischem Pidgin. Das spricht man in Papua-Neuguinea, wo ich mal für ein knappes halbes Jahr für die Kirche im Einsatz war. Das schließt auch verschiedene Bibelübersetzungen mit ein wie die Version nach Martin Luther, oder die revidierte Lutherbibel von 2017. Dann gibt es noch Versionen, die sich „Gute Nachricht“ oder „BasisBibel“ nennen. Die sind in etwas verständlicherem Deutsch geschrieben. Die Elberfelder Bibel ist eine Übersetzung, die besonders nah am Originaltext dran ist, also nah am Hebräischen Text im Alten Testament und nah am griechischen Text im neuen Testament. Diese Übersetzung ist sehr beliebt bei Theologiestudierenden, die sich gerade in hebräisch- oder Griechisch Kursen abmühen. In meinem Bücherregal befinden sich übrigens auch verschiedene Bibelübersetzungen in englischer Sprache, die ich mir während meines fünfjährigen USA Aufenthaltes zugelegt habe. Dazu kommen dann noch diverse Kinderbibeln für den Einsatz im Kindergarten oder die Bibel in Kurznachrichten mit dem schönen Titel „Und Gott chillte“. Die lehnt sich an das Soziale Netzwerk Twitter an und war eigentlich für die Konfirmandenarbeit gedacht. Twitter ist allerdings inzwischen sowas von out bei den Kids, dass diese Bibel selten ihren Platz in meinem Regal verlässt. Ich bin gespannt, wann die Instagram-Bibel wohl auf den Markt kommt, in der die Inhalte dann in Fotos und kurzen Videosequenzen wiedergegeben werden. Die Weihnachtsgeschichte mit Quietscheenten könnte ich beisteuern, denn die habe ich mal für Snapchat gemacht.
Und da sind wir auch schon bei weiteren Bibeln, die ich besitze, denn Bibeln stehen nicht nur als Bücher in meinem Regal. Man findet sie auf Computer CDs und als Apps auf meinem Handy.

So unterschiedlich meine ganzen Bibeln auch sind, eins haben sie gemeinsam: In ihnen steht Gottes Wort. Das ist zwar erst durch einen menschlichen Filter gelaufen, bevor es in Schriftform aufgefangen wurde, aber trotzdem ist es Gottes Wort.

Mit Gottes Wort bin ich also sehr gut versorgt. Und nicht nur das. Ich habe es sogar studiert: 14 Semester, also sieben Jahre, an der Uni. Aber nicht nur ich bin gut versorgt mit Gottes Wort. 

Die ganze Welt ist im Grunde gut mit Gottes Wort versorgt, denn überall gibt es Bibeln. In vielen Hotelzimmern findet man sie noch in der Nachttischschublade. Die Bibel gilt immer noch als das meistverkaufte Buch aller Zeiten und die Deutsche Bibelgesellschaft sagt: Etwa 5,6 Milliarden Menschen haben Zugang zu allen Texten des alten und des Neuen Testaments in ihrer Muttersprache. 

Es gibt Stimmen, die behaupten, dass die Bibel sogar das meistgeleseneBuch ist. Wenn das stimmt, dann ist das schonmal gut, denn es reicht nicht, Gottes Wort nur im Schrank zu haben. Wir müssen es natürlich auch lesen.

Es gibt übrigens noch eine weitere Version von Gottes Wort, die ich noch nicht erwähnt hatte: Jesus Christus.  Jesus Christus ist das Mensch gewordene Wort Gottes. Jesus führt nämlich das aus, was Gott will. Jesus sagt von sich: „Ich bin im Namen meines Vaters gekommen.“ Mein Bibelkommentar meint dazu: „Der Name steht in biblischer Zeit für den Träger des Namens selbst. Wer im Namen von jemandem handelt, handelt nicht nur in seinem Auftrag oder mit seiner Vollmacht. Durch ihn handelt vielmehr der Auftraggeber selbst.“ (Basisbibel, Johannes 5, 43, Kommentar zu „Namen“) Wie gesagt: Gottes Wort hat in Jesus Christus Menschengestalt angenommen.
Und Gottes Wort sagt ganz viel. Unter anderem diese Dinge:

Gottes Wort sagt, dass wir Gottes Kinder sind. Gottes Wort sagt, dass wir von Gott so angenommen sind, wie wir sind. Gottes Wort sagt, dass wir Gottes Gebote halten sollen. Gottes Wort sagt, dass uns vergeben wird, wenn wir das nicht hinkriegen. Gottes Wort sagt, dass wir unseren Nächsten oder unsere Nächste lieben sollen wie uns selbst. Gottes Wort sagt, dass wir denjenigen helfen sollen, die Hilfe brauchen, egal wer sie sind und woher sie kommen. Gottes Wort sagt, dass wir zwar sterben müssen, dass wir aber nach dem Tod auferstehen zu einem ewigen Leben. Gottes Wort sagt, dass ein Friedensreich errichtet werden wird.

All diese Dinge und noch viel mehr verkörpert Jesus Christus. Mit Jesus Christus sind all diese Dinge sichtbar, hörbar und fühlbar für uns geworden. Jesus Christus IST das Wort Gottes.

Das erzählt uns übrigens auch die Bibel. Ganz zu Beginn des Johannesevangeliums steht nämlich: 
„Er, das Wort, wurde ein Mensch.
Er lebte bei uns,
und wir sahen seine Herrlichkeit.
Es war die Herrlichkeit,
die ihm der Vater gegeben hat –
ihm, seinem einzigen Sohn.
Er war ganz erfüllt
von Gottes Gnade und Wahrheit.“ 
(Johannes 1, 14)

Und weil Jesus Gottes Wort in Menschengestalt ist, hören wir, glaube ich, von Jesus auch diese drastische Forderung, dass wir nicht nur erkennen, wer er wirklich ist, Gottes Sohn nämlich, sondern dass wir uns ihm anschließen.
Jesus sagt im übertragenen Sinn: Gottes Wort haben, lesen und studieren reicht nicht. Entspannt zurücklehnen und Gott zuhören reicht nicht.
Wenn ihr Christinnen und Christen sein wollt, dann müsst ihr auch aktiv werden. Dann müsst ihr handeln!

Dann müssen wir im Grunde das tun, was die ersten Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesus getan haben: Sie haben alles stehen und liegen lassen, um ihren Weg mit Christus zu gehen.

Für uns heute kann das bedeuten:

Wenn Gottes Wort uns sagt „Füllt die Erde und macht sie euch Untertan“ (1. Mose 1, 28), dann müssen wir aktiv unserer Verantwortung für diesen Planeten nachkommen. Untertan machen heißt ja nicht ausbeuten. Ein König ist dafür verantwortlich, dass es seinen Untertanen gut geht. Genauso sind wir dafür verantwortlich, dass es der Welt gutgeht, in der wir leben. „Fridays for Future“ ist da schon ein sehr guter Anfang, denn die jungen Leute reden nicht nur darüber, dass sich etwas ändern muss, sondern sie tun was: Sie gehen auf die Straße und machen Druck.

Wenn Gottes Wort sagt „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Markus 12, 31), dann müssen wir den Menschen genau das entgegenbringen, was wir selber gerne hätten. Wenn ich ohne Vorbehalte angenommen werden möchte, dann nehme ich auch den oder die andere an. Wenn ich kein Zuhause hätte und irgendwo aufgenommen werden wollte, dann nehme ich auch die auf, die bei mir Zuflucht suchen.
Wenn Gottes Wort sagt "Nur Mut, mein Kind! Deine Schuld ist dir vergeben!" (Matthäus 9,2), dann kann ich befreit und erleichtert aufatmen und anderen Menschen die Dinge vergeben, mit denen sie an mir schuldig geworden sind. Wenn die Bedienung im Café mir den Kuchen bringt und dummerweise meinen Tee vergessen hat, dann habe ich zwei Möglichkeiten: Ich kann einen Riesen-Bohai machen und die arme Bedienung zusammenstauchen. Ich kann aber auch gelassen und freundlich bleiben, ihre Entschuldigung akzeptieren und warten, bis der Tee da ist, bevor ich mich über meinen Kuchen hermache. Wenn ich Gottes Wort nicht nur gelesen, sondern mich ihm auch angeschlossen habe, dann wähle ich ganz automatisch die zweite Möglichkeit.

Was Jesus also von uns will, ist, dass wir viel lesen, viel studieren aber am Ende noch viel mehr TUN. Legen wir also los!

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