Noch ein Gebet - oder: Das Licht der Liebe

Predigt am 02.06.2019 zu Epheser 3, 14-21


Guten Morgen Gott,
wir haben uns ja erst am Donnerstag miteinander unterhalten. Wobei ich mehr geredet habe als du. Aber ich glaube, das ist schon so in Ordnung, oder?

Ich glaube, ich habe jetzt verstanden, dass du überall wohnst. Damit wohnst du nicht nur im Himmel, sondern auch auf der Erde. Damit wohnst du natürlich auch im Licht. Ich weiß jetzt, dass wir Menschen deinem Licht oft im Weg stehen und damit Schatten in das Leben anderer Menschen werfen. Auch ich. Ich weiß, dass du aber auch in den Schatten wohnst, dass du da bist, wenn wir die Schattenseiten unseres Lebens erleben.

Aber da ist noch mehr, über das ich mit dir reden möchte.
Paulus hat nämlich gesagt, dass wir in der Liebe verwurzelt bleiben sollen und dass wir die Liebe in ihrer ganzen Breite, Länge, Höhe und Tiefe erfassen werden. Ganz ehrlich: Das kann ich gar nicht fassen! 

Ich glaube, das hat damit zu tun, dass du selbst die Liebe bist. Jedenfalls meint das der Verfasser des ersten Johannesbriefes. Da steht klipp und klar: „Gott ist Liebe.“ (1. Johannes 4, 16). Wenn du, Gott, aber so groß bist, dass du überall bist, dann ist auch deine Liebe überall. Oder nicht? Und wenn du keinen Anfang und kein Ende hast, dann ist auch deine Liebe unendlich. Oder nicht?

Wie kann ich da die Dimensionen deiner Liebe erfassen? Wie kann ich fassen, wie breit, lang, hoch und tief diese Liebe ist. Ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen und aufhören sollte, zu messen. Deshalb kann ich es nicht fassen. Zumindest kann ich nicht das ganze Ausmaß fassen.

Immerhin bekomme ich einen kleinen Eindruck von den Dimensionen deiner Liebe. Ich muss ja nur mit offenen Augen durch die Welt gehen. Und wenn ich dann morgens zur Düne rüber schaue und die Sonne aufgehen sehe, dann habe ich schonmal eine Idee davon, wie hell und warm das Licht deiner Liebe ist. Wenn ich vom Klippenrand aus über das Meer oder in den Himmel schaue, dann habe ich schonmal eine Idee davon, wie weit deine Liebe reicht. 
Ich denke: Du kannst uns Menschen nur unendlich lieben. Sonst hättest du die Welt, in der wir leben dürfen, nicht so schön gemacht.

Und dann ist da ja auch noch die Tatsache, dass du selber Mensch geworden bist, weil deine Liebe so groß ist. Als Jesus Christus bist du einer von uns gewesen. Du hast geheilt, vergeben, getröstet, ermutigt, gelehrt und angenommen. Auch das zeigt mir, dass deine Liebe sehr, sehr groß sein muss.

Aber wie gesagt: Im Grunde habe ich nur eine Idee davon, was deine Liebe ausmacht. Ganz erfassen kann ich sie nicht.
Alles, was ich tun kann, ist davor in die Knie zu gehen, und dir dafür zu danken, dass du so viel Liebe für uns hast. 
Das Erfassen deiner Liebe, das Verstehen, und das Begreifen verschiebe ich auf später. Dazu brauche ich wirklich deine Heilige Geistkraft. Ohne die geht es nicht!

Darum bitte ich dich, Gott: Sende deinen Geist, damit er meinen Glauben fest werden lässt. Ich habe doch so viele Fragen und so viele Zweifel. Wenn ich sehe, was Menschen anderen Menschen antun, dann kann ich nur an der Unendlichkeit deiner Liebe zweifeln. Wenn deine Liebe unendlich ist, dann müsste sie doch auch die Herzen aller Menschen ausfüllen. Das wäre doch logisch. 

Wenn ich sehe, was ich selbst anderen antue, auch dann kann ich nur an der Unendlichkeit deiner Liebe zweifeln. Wenn deine Liebe unendlich ist, dann müsste sie doch auch mein Herz voll und ganz ausfüllen, so dass da kein Raum mehr ist für Selbstsucht, Ablehnung und Hass. Aber sie sind noch da, diese Gefühle. In den dunklen Ecken meines Herzens verstecken sie sich und warten darauf, herauszukommen und ihre Schatten zu werfen. Ich kann nicht anders als zweifeln, dass dein Licht nicht jeden Winkel meines Herzens erreicht.

Immerhin weiß ich, dass deine Liebe groß genug ist, um mir genau diese Selbstsucht, diese Ablehnung und diesen Hass zu vergeben und mich trotzdem als dein Kind anzunehmen - so wie ich bin. Du liebst mich auch mit meinen Schattenseiten. Du liebst mich, obwohl ich deinem Licht oft genug im Weg stehe. Das Licht deiner Liebe scheint weiter hinein in mein Leben und hinein in mein Herz. Dafür danke ich dir Gott! Dafür gehe ich vor dir in die Knie.

Ich kann dich nur darum bitten, dass du mich mit genügend Vertrauen ausstattest. Ich hätte gerne das Vertrauen, das Paulus gehabt hat 
und das ihn sicher sein lässt, dass du uns mit allem ausstattest, was nötig ist - so wie es „dem reichen Schatz deiner Herrlichkeit entspricht.“ 

Dazu habe ich übrigens eine Frage: Was ist eigentlich „der reiche Schatz deiner Herrlichkeit“? Da ist schon wieder etwas, das ich nicht verstehe. Es muss auf jeden Fall etwas Helles sein, denn ein Kommentar in meiner Bibel sagt zur Herrlichkeit, dass das etwas ist, was einer Person Ansehen und Macht verleiht, und dass Menschen sich deine Herrlichkeit als strahlenden Lichtglanz vorstellt haben.

Wenn du uns also so ausstattest, dass wir dieser Herrlichkeit entsprechen, dann strahlen wir auch, oder?
Ich würde das jedenfalls sehr gerne: Licht in die Welt bringen.
Wenn da nur nicht immer auch die Schatten wären!

Als wir uns am Donnerstag unterhalten haben, hatte ich dich gebeten, dass du mich lehrst, eine Schattenspielerin zu werden, die mit den Schatten in ihrem Leben Geschichten erzählt: Geschichten von Licht aber auch von Dunkelheit, Geschichten, die anderen Menschen helfen sollen, auf welche Weise das auch immer geschehen mag. Ich hatte dir gesagt, dass ich deinem Licht nicht im Weg stehen möchte, sondern dass es durch mich hindurchscheinen soll, hinein in das Leben anderer Menschen. Alleine schaffe ich das leider nicht. Dazu brauche ich deine Hilfe. Jesus ist zwar ein gutes Vorbild gewesen, aber er ist ja leider nicht mehr hier. 

Er hat die Traurigen und die Verzweifelten getröstet. Er hat den Menschen gezeigt, welches der richtige Weg ist. Und er hat viele mit der Kraft ausgestattet, die sie gerade brauchten, um die ihnen gestellten Aufgaben meistern zu können. Aber alles, was ich heute noch kann, ist darüber zu lesen. 
Deshalb: Sende mir doch bitte den Tröster, der für mich da ist, wenn es dunkel um mich herum wird. Sende mir den Wegweiser, der mich führt und der mir hilft, deinem Licht nicht im Weg zu stehen. Sende mir deine Kraft, damit ich das Licht deiner Liebe weitertragen kann. Sende mir deinen Geist!

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