Bündnisfall



Predigt am 03.11.2019  zu 1. Mose, 8, 18-22. 9, 12-17

Ihr Lieben,
Gott hat versprochen: Nie werden aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.

Ich sage: Doch, werden sie! 

Aber nicht, weil Gott sein Versprechen bricht, sondern weil wir Menschen die Erde zerstören.


„Internationale Raumstation, Kommandant der Expedition 57, Alexander Gerst, 25. November 2018, 400 km über der Erdoberfläche.“ So endet eine Videoaufzeichnung von eben diesem Kommandanten. Die Augsburger Allgemeine hatte darüber berichtet:
(…) Der Kommandant der Expedition 57 beginnt mit den Worten: ‚Liebe Enkelkinder, ihr seid noch nicht auf der Welt und ich weiß nicht, ob ich euch jemals treffen werde, deswegen habe ich beschlossen, euch diese Nachricht hier aufzuzeichnen.‘ Gerst entschuldigt sich bei seinen zukünftigen Enkeln und zugleich den kommenden Generationen, dass wir ihnen unseren blauen Planeten ‚nicht gerade im besten Zustand hinterlassen werden‘.
Dabei beschönigt der 42-Jährige nichts und macht deutlich, dass sich die jetzige Generation sehr wohl der Umweltsünden bewusst sei, die sie derzeit begeht: ‚Im Nachhinein sagen natürlich immer viele Leute, sie hätten davon nichts gewusst, aber in Wirklichkeit ist es uns Menschen schon sehr klar, dass wir im Moment den Planeten mit Kohlendioxid verpesten; dass wir das Klima zum Kippen bringen; dass wir Wälder roden; dass wir die Meere mit Müll verschmutzen; dass wir die limitierten Ressourcen viel zu schnell verbrauchen und dass wir zum Großteil sinnlose Kriege führen‘, erklärt Gerst in der am 19. Dezember veröffentlichten Videobotschaft. (…)
 Trotz seiner ernüchternden Bestandsaufnahme erklärt der Astronaut die Welt keineswegs für verloren und schließt nicht aus, dass die Menschen noch dazulernen, bevor es zu spät ist. (…)
Er selbst werde versuchen, seinen Enkeln die beste Zukunft, die er sich vorstellen kann, zu ermöglichen. "Und ich würde mir wünschen, dass wir nicht bei euch als die Generation in Erinnerung bleiben, die eure Lebensgrundlage egoistisch und rücksichtslos zerstört hat", so Gerst.“

Aus seiner Videoaufzeichnung erfahren wir außerdem, wie zerbrechlich die Biosphäre unseres Planeten ist und wie limitiert seine Ressourcen. Wir hören, dass es sich lohnt, mit seinen Nachbarn gut auszukommen und dass Träume wertvoller sind als Geld und dass man ihnen eine Chance geben muss.*

Nie werden aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.

Wirklich nicht?

Es hängt jedenfalls alles davon ab, wie wir weitermachen. Es hängt wirklich nicht davon ab, wie Gott weitermacht. Gott hat ein Versprechen gegeben und er (oder sie) hält sich dran. Aber das was Gott da mit Noah ausgehandelt hat, war nicht nur ein Versprechen. Gott und Mensch haben damals einen Bund geschlossen. Zu einem Bund gehören immer zwei, in diesem Fall Gott und die Menschen. Auch wir müssen unseren Teil dazu beitragen, dass es mit der Beziehung Gott - Mensch funktioniert. Und wir müssen unseren Teil dazu beitragen dass es funktioniert mit 
„Nie werden aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“

Wir könnten es uns natürlich leicht machen und die Verantwortung auf Gott abwälzen: Die Klimaerwärmung und die darauf folgende Katastrophe sind Gottes Strafe für eine abgrundtief schlechte Menschheit.  Wir haben dafür ein gutes Vorbild: Die Noahgeschichte. Vor langer, langer Zeit haben die Menschen einmal mitbekommen, wie eine Flut alles zerstört und ihnen die Lebensgrundlage genommen hat. Damals konnten sie noch nicht ins All fliegen. Damals wurde noch keine Klimaforschung betrieben. Und wenn doch, dann sah sie total anders aus als heute, weil wir uns um so viel weiterentwickelt haben. Meteorologie: Gab‘s nicht. Seismologie: Gab‘s nicht. Vulkanologie: Gab‘s nicht. Und weil die Menschen es nicht besser wussten, machten sie Gott verantwortlich für alle Überflutungen, Erdbeben oder Vulkanausbrüche. 
 Allerdings gibt es einen Unterschied zu heute: Weil die Menschen damals noch nicht so weit entwickelt waren, konnten sie auch noch nicht einen so entscheidenden Teil zur Zerstörung der Erde beitragen wie heute.
Ein weiterer Unterschied: Wir heute sind uns durchaus darüber bewusst, dass nicht Gott das Leben zerstört, sondern zu einem großen Teil wir selbst. Aber wir sind es auch, die die Welt retten können.

Gerade wir Christinnen und Christen. Ich weiß, das klingt jetzt vielleicht überheblich. Es ist auch nicht exklusiv gemeint, denn es gibt natürlich auch andere, die die Welt retten können. Aber ich denke schon, dass wir Christinnen und Christen besonders gut geeignet sind, weil wir uns unserer Verantwortung bewusst sind, die der Menschheit schon mit Adam und Eva übertragen wurde: „Füllt die Erde und macht sie euch untertan“, hat Gott gesagt. Das heißt nicht, dass wir die Erde ausplündern sollen oder dürfen. Im Gegenteil. Ein guter König oder eine gute Königin sorgt dafür, dass es seinen oder ihren Untertanen gut geht geht, denn sonst bricht das Königreich zusammen. Ein Regent oder eine Regentin hat Verantwortung für sein / ihr Volk. Gott hat den Menschen also schon ganz am Anfang aufgetragen: Übernehmt Verantwortung für diesen Planeten! Übernehmt Verantwortung für das Leben auf diesem Planeten - egal ob es in menschlicher oder anderer Form daherkommt.

Eine Greta Thunberg wird oft belächelt für ihren Kampf um mehr Verantwortungsbewusstsein und vor allem für mehr Taten in Sachen Klimaschutz. Es gibt auch Menschen, die ihr nicht nur mit Spott sondern auch mit Ablehnung entgegentreten. Immerhin hat sie weltweit Kinder und Jugendliche dazu angestachelt, die Schule zu schwänzen für „Fridays for Future“. Ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass wir das Bemühen dieser jungen Leute ohne die Klimastreiks überhaupt wahrgenommen hätten. So aber machen wir uns Gedanken über dieses Thema und ich hoffe inständig, dass es nicht dabei bleibt, sondern, dass wir auch aktiv etwas dafür tun.

Gerade wir Christinnen und Christen, denn zwischen dem Schöpfer dieser Erde und uns gibt es einen Bund. Gott wird seinen Teil erfüllen, indem er dafür sorgt, dass Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht nie aufhören werden. Wir sollten aber ebenfalls unseren Teil dazu beitragen. Christ oder Christin zu sein bedeutet in meinen Augen nicht nur, meinen Nächsten zu lieben, sondern genauso Gottes Schöpfung wertzuschätzen und deshalb dafür zu sorgen, dass das Leben auf diesem Planeten auch für die Genrationen nach uns noch lebenswert ist. Und hier ist sie dann doch wieder, die Nächstenliebe. Nächstenliebe betrifft auch die Menschen, die noch gar nicht geboren sind (Wie die Enkelkinder von Alexander Gerst)

Diese Art der Nächstenliebe sollten wir also in die Tat umsetzen. Nicht weil ein Alexander Gerst das sagt oder eine Greta Thunberg. Sondern weil Gott das sagt und weil Gott damals mit Noah nicht nur einen Bund geschlossen, also einen Vertrag gemacht, hat. Die beiden sind, wie ich finde, auch ein Bündnis eingegangen, was einen Zusammenschluss aus gemeinsamen Interessen bedeutet. Die gemeinsamen Interessen: Leben zu schaffen und zu erhalten im Allgemeinen und das Wohlergehen der Menschen im Besonderen.

Jetzt haben wir sozusagen den Bündnisfall. „Bündnisfall“ bedeutet übrigens, dass eine „eingegangene Verpflichtung wirksam wird“. ** 
Die Lage ist ernst. Gott hat seine “eingegangene Verpflichtung“ bereits erfüllt, bzw. tut er (sie) es immer wieder. Jetzt ist es höchste Zeit, dass auch wir unsere eingegangene Verpflichtung erfüllen. Ja, auch wir sind eine Verpflichtung eingegangen, spätestens mit der Konfirmation, mit der wir uns zu Gott bekannt haben, denn damit haben wir uns auch zu dem Bund bekannt, der zwischen Gott und den Menschen existiert. Dieser Bund sieht nun einmal vor, dass wir nicht nur Gott lieben, sondern auch unsere/n Nächste/n. Und ich hatte ja schon gesagt: Auch die nachfolgenden Generationen sind unsere Nächsten und auch die sollen es gut haben auf dem blauen Planeten.

Helgoland, Pastorin der Kirchengemeinde St. Nicolai, Pamela Hansen, 3. November 2019, ca. einen Meter über der Erdoberfläche.



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