Streugut



Predigt am 15.12.2019 zu Lukas 3, 1-20

Ihr Lieben,

ich möchte euch heute mal wieder ein bisschen von meiner Zeit in den USA erzählen:
Ich war Pastorin in einer Gemeinde in der Nähe von Detroit. In der Adventszeit sind wir gerne mal in den Ort Frankenmuth gefahren, weil es dort einen riesigen Laden mit Weihnachtsartikeln gab (übrigens das ganz Jahr, nicht nur zu Weihnachten) und man sogar in dem einen oder anderen Restaurant Stollen bekommen konnte. Frankenmuth wird von den Leuten in Michigan übrigens gerne als „Little Bavaria“, also als „Klein Bayern“ bezeichnet. Ich glaube, das sagt alles.
Für uns war Frankenmuth der Ersatz für die Weihnachtsmarktbesuche in Deutschland. An Weihnachtsmärkten habe ich den USA nur einen gesehen: in Chicago. Der war nicht groß und lag versteckt zwischen den ganzen Wolkenkratzern, sodass er nicht leicht zu finden war. Wir sind damals auch nur durch Zufall drauf gestoßen. Aber es gab ja Frankenmuth, das als ganzes Städtchen zu einem Weihnachtsmarkt wurde.

Wir hatten uns also mit allerlei Weihnachtsdeko eingedeckt und den Bauch voller Gänsebraten, Stollen und auch ein bisschen Glühwein und machten uns wieder auf den Weg nach Hause. Es war zwar schon dunkel, aber die Straßen waren frei und so würden wir wohl nicht länger als eine Stunde zurück nach Hause brauchen.

Wie wir da so im Auto saßen und Weihnachtsmusik hörten, sah ich durch die Windschutzscheibe plötzlich etwas Merkwürdiges: Ein Streufahrzeug! Dem wäre ich fast hinten drauf gefahren, weil ich nicht damit gerechnet hatte, dass ein Fahrzeug so langsam unterwegs ist. Was Streufahrzeuge ja nunmal sind.

Was machte das Streufahrzeug hier? Es lag kein Schnee. Es schneite auch nicht. Nicht eine Schneeflocke war zu sehen. Regen gab es auch keinen, der hätte gefrieren können. Außerdem lagen die Temperaturen deutlich über dem Gefrierpunkt.

Dann hörten wir im Radio irgendwann den Wetterbericht, der vorhersagte, dass noch an diesem Abend mit Schnee zu rechnen sei. Ich wunderte mich immer noch, denn ich fand den Einsatz der Streufahrzeuge doch etwas verfrüht. Es hatte ja noch gar nicht angefangen zu schneien.

Der Schnee ließ allerdings nicht mehr lange auf sich warten. Etwa eine Viertelstunde, bevor wir zu Hause angekommen waren, fing es an zu schneien. Und: Der Schnee blieb nicht liegen, denn die Straße war ja schon gestreut. Wie cool war das denn?! Da hatte offensichtlich jemand vorausgeplant und so den Autofahrer*innen einen sicheren Heimweg beschert. Da hatte uns jemand im wahrsten Sinne des Wortes den Weg bereitet.

Johannes spricht auch davon, jemandem den Weg zu bereiten: Jesus. Er sagt: „Macht den Weg bereit für den Herrn! Ebnet ihm die Straße!“
Und Johannes liefert auch gleich das Streugut mit, indem er sagt, wie das geht mit dem Wegbereiten:
taufen lassen, Leben ändern, Kleidung abgeben, Essen abgeben, nicht zu viel verlangen, niemanden misshandeln oder erpressen, zufrieden sein, kein Unrecht tun.

Ich finde, dass das sehr effektives Streugut ist, das die Menschen ausstreuen können, damit der Friedefürst nicht ausrutscht. Nicht, dass ich denke, Jesus könnte ausrutschen oder sogar von seiner Straße der Liebe und des Friedens abkommen. Das passiert nicht. Dafür ist er schließlich Gottes Sohn. Aber er kann seinen Weg durchaus leichter beschreiten. Außerdem werden es auch diejenigen leichter haben, die ihm nachfolgen: Wir. Ich möchte nämlich auch nicht ausrutschen. Und wenn andere mir dabei helfen, den Weg zu streuen, dann ist die Gefahr des Ausrutschens auch für mich geringer. Die Gefahr, im Graben zu landen, ist für mich geringer.

Die Frage, die ihr euch jetzt stellen könntet, ist die: Wieso soll ich das eigentlich tun? Wieso soll ich dem Herrn den Weg bereiten? Die Geburt von Jesus ist doch schon längst Geschichte. 

Ja, stimmt.
Und auch Johannes hat nicht auf Jesu Geburt angespielt, als er sagte: „Macht den Weg bereit für den Herrn, ebnet ihm die Straße.“ Als Johannes das von sich gegeben hatte, war Jesus längst ein erwachsener Mann. Allerdings hatte Jesus da noch nicht so richtig losgelegt als Retter der Welt. Das sollte erst noch kommen und darauf weist Johannes hin. Mit ziemlich drastischen Worten, und mit noch drastischeren Forderungen. Johannes droht den Menschen ein Gerichtsverfahren und sogar die Todesstrafe an, für den Fall, dass sie sich nicht ändern. So ernst meint er es. So wichtig ist es ihm, dass die Menschen Jesus den Weg geebnet haben, wenn der öffentlich in Erscheinung tritt.

Nun warten wir ja aber weder auf Jesu tatsächliche Geburt noch auf den Beginn seines öffentlichen Wirkens in Galiläa. Trotzdem sind auch wir gemeint, wenn es heißt: Macht dem Herrn den Weg bereit.

Zum Einen können wir den Weg bereit machen, der in Richtung Weihnachten führt. An Weihnachten feiern wir schließlich den Geburtstag von Jesus. Außerdem ist Weihnachten das Fest der Liebe (sagte ich schon vorletzten Sonntag) und da ist es doch gut, wenn auf dem Weg dahin niemand ausrutscht oder im Graben landet. Es wäre schon schön, wenn wir die Advents-und Weihnachtszeit ohne Unfälle verleben könnten.

Und dann warten wir ja tatsächlich noch aufs Christkind. Okay, streicht das „Kind“ in Christkind, dann stimmt‘s wieder: Wir warten auf Christus. Der will ja irgendwann wiederkommen und endlich, endlich der Welt den langersehnten Frieden bringen. Auch dafür können wir den Weg bereit machen, indem wir unseren Teil zum Weltfrieden beitragen. Und die Ideen, die Johannes hatte, sind dafür schonmal gar nicht schlecht. Ich zähle sie nochmal auf, dann merken wir sie uns leichter:
taufen lassen, Leben ändern, Kleidung abgeben, Essen abgeben, nicht zu viel verlangen, niemanden misshandeln oder erpressen, zufrieden sein, kein Unrecht tun.

Und ja: Den verantwortungsvollen Umgang mit unserem Planeten Erde würde ich auch dazurechnen. Einige von euch haben sich vielleicht schon gefragt, ob das Beispiel mit dem Streuhgut überhaupt so klasse ist, wenn es darum geht Christus den Weg zu bereiten. Schließlich wird auf den Straßen oft Streusalz eingesetzt und das ist schädlich für den Boden und für die Pflanzen auch.

Ich finde, dass es trotzdem ein gutes Beispiel ist, denn Streusalz kann wirklich Leben retten, dadurch, dass es Eis und Schnee auf den Straßen wegtaut und somit schwere Unfälle vermieden werden. Christus macht im Grunde ja nichts anderes. Er rettet auch unser Leben, und das durchaus mit drastischen Maßnahmen. Immerhin ist er für uns gestorben, damit wir nach unserem irdischen Dasein ewiges Leben haben können.
Und dann ist da ja noch die Tatsache, dass wir uns überhaupt Gedanken um unsere Umwelt machen. Es ist uns wichtig, nicht nur an uns selbst sondern auch an Pflanzen, Tiere und andere Menschen zu denken. Damit haben wir schon ein Stück des Weges bereitet, wie ich finde.

Natürlich ist die Lösung mit dem Streusalz nicht perfekt. Aber wir Menschen sind auch nicht perfekt und trotzdem von Gott angenommen. Und wenn wir uns da reinhängen und versuchen, eine umweltfreundlichere Alternative zum Streusalz zu finden, dann ist ein weiteres Stück des Weges bereitet.

Aber es gibt natürlich noch viel mehr Streugut, das wir einsetzen können: Sagen „Ich hab dich lieb“ zum Beispiel. Sagen „Es tut mir leid“ kommt auch gut. Oder „Ich bin bei dir“. Und dann sind da noch: 

trösten,
in den Arm nehmen, 
bereit sein, umzudenken,
sich für andere freuen können,
respektieren,
und wertschätzen.

Auch das alles ist Streugut, von dem wir bereits einen großen Vorrat besitzen. Alles was wir noch tun müssen, ist, es auch einzusetzen. Und das am besten BEVOR es glatt wird auf der Straße des Lebens.

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