Wir sind das Zuhause

 


Predigt am 30.08.2020 zu 1. Korinther 3, 9-17


 

Ihr Lieben,

 

Könige und Königinnen haben Schlösser gebaut, um darin zu wohnen. Staatsoberhäupter haben prunkvolle Residenzen errichtet, um ein Zuhause zu haben. 

Das Volk Israel hat einen Tempel gebaut, damit Gott darin wohnen kann. Christinnen und Christen haben Kathedralen errichtet, damit Gott dort einzieht.

 

Es gibt aber Menschen, die sind glücklich in einem kleinen Cottage. Der große Trend ist gerade, in einem sogenannten „Tiny House“ auf einem Campingplatz zu leben. Tiny Houses sind Minihäuser, mit so um die 30 bis 45 Quadratmeter Wohnfläche. Es geht aber noch einfacher: Da sind tatsächlich Menschen, die am liebsten in einem VW Bus leben, den sie zum Wohnmobil umgebaut haben. Noch einfacher wäre vermutlich nur das Zelt.

 

Genauso ist Gott auch schon in Zelten zu Hause gewesen, und in kleinen Landkirchen oder in einfachen Autobahnkapellen. Es muss nicht immer die prunkvolle Kathedrale sein.

 

Es kommt also nicht auf die Größe des Gebäudes an, wenn es ein Zuhause sein soll. Es kommt auch nicht auf das Material an, mit dem das Haus gebaut wurde. Ich denke, es kommt darauf an, wie es gebaut (umgebaut) wurde und es kommt darauf an, was drin ist oder wer drin ist.

 

Paulus sagt jetzt: Ihr seid „Gottes Bauwerk.“ Und: „Wisst ihr nicht,

dass ihr der Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in eurer Mitte wohnt?“ Und dabei ist es völlig egal, ob dieses Bauwerk, dieser Tempel, aus Gold, Silber oder Edelsteinen errichtet wurde oder mit Holz, Heu oder Stroh. 

Der Tempel Gottes ist heilig und der Tempel Gottes sind wir - egal womit da gebaut wurde. Was nicht egal ist, ist woraus das Fundament besteht: Die Liebe in Jesus Christus. „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergegeben hat, damit keiner verlorengeht.“ (Johannes 3, 16)

 

Also, die Baumaterialeien für das Haus, in dem Gott wohnen soll, können ganz unterschiedlich sein: Annahme, Freundschaft, Nähe, Offenheit, Frieden, Wissen, Hilfe, Zuwendung, Verständnis, Interesse, Achtsamkeit und viele andere. Unter diesen Baumaterialien gibt es ebenfalls welche, die glänzen wie Juwelen und andere, die eher einfach und robust sind wie Holz.

 

Das Baumaterial ist nicht nur ganz verschieden. Es ist auch ganz unterschiedlich verteilt - mengenmäßig. Was bedeutet, dass wir mit dem bauen müssen, was wir zur Verfügung haben. Manche Menschen haben keinen Zugang zu Bildung, dafür wurde ihnen aber vielleicht beigebracht, anderen zu helfen. Anderen wurde vielleicht nicht beigebracht zu helfen, dafür wurde ihnen aber vermittelt, wie man Freundschaften schließt. Einige haben vielleicht ganz viel Baumaterial an die Hand bekommen und andere fast gar nichts. Ohne dass sie selbst Einfluss darauf gehabt hätten. Christliche Werte sind da ein schönes Beispiel, denn nicht alle Menschen wachsen in einem christlichen Umfeld auf.

 

Möglicherweise fangen wir an, uns und unser Baumaterial gegenseitig zu vergleichen und es taucht vielleicht die Frage auf: Ist das, was ich da baue, überhaupt gut genug? Ist es gut genug für mich? Ist es gut genug für Gott?

 

Die Antwort ist: Ja! Solange das Bauwerk auf seinem Fundament steht. Solange wir auf dem Fundament der Liebe aufbauen, steht alles, was wir bauen, stabil. 

 

Wir müssen nur immer mal wieder überprüfen, ob wir auch wirklich auf dem Fundament aufbauen, oder ob wir an eine Stelle geraten sind, die abseits liegt. 

 

Das lässt sich im Grunde ganz leicht feststellen, indem wir in bestimmten Situationen immer wieder fragen: Was würde Jesus jetzt tun? Wäre er wütend und würde Tische umschmeißen wie damals, als er sich über die Händler im Tempel mit ihrer Profitgier ärgerte? Würde er vergeben wie damals dem betrügerischen Zöllner Zachäus? Würde er die Kleinen wertschätzen wie damals als er die Kinder segnete? Würde er ein Bekenntnis fordern, wie damals, als er Petrus fragte: Liebst du mich? Würde er gesund machen, was krank ist, wie damals als er die blutflüssige Frau heilte oder den blinden Mann? Würde er dazu auffordern, mit ihm zu gehen und seinem Beispiel zu folgen wie damals, als er seine Jünger zusammensuchte? Würde er den Menschen Gottes Liebe und bedingungslose Annahme nahebringen wie damals, als der die vielen lebensnahen Geschichten erzählte? 

 

Wir Christinnen und Christen sollten uns öfter mal die Frage stellen: Was würde Jesus jetzt tun. Und uns dann natürlich danach ausrichten.

 

Übrigens denke ich durchaus, dass auch andere Religionen gute und stabile Fundamente schaffen können. Viele unserer christlichen Werte finden sich auch in anderen Glaubensrichtungen und in anderen Kulturen.

 

Zu der Frage „Ist das, was ich da baue, überhaupt gut genug?“ gehört aber noch ein anderer Aspekt. Das Gericht.

 

Paulus schreibt ja „Wenn das Werk, das jemand erbaut hat,

dem Feuer standhält, wird er belohnt. Verbrennt das Werk,

wird er seinen Lohn verlieren.“ Das spricht auf den ersten Blick mehr für Silber und Gold als für Holz und Stroh.

 

Aber ich glaube nicht, dass hier das Material gemeint ist, mit dem gebaut wird. 

 

Ich kann mir vorstellen, dass diejenigen gemeint sind, die halbherzig bauen oder oberflächlich. Die die Statik nicht beachten und Sicherheitscodes nicht einhalten. Es gibt die, die sich keine Mühe geben, egal welche Materialien sie zur Verfügung haben. Und es gibt sogar die, die das kaputtmachen, was andere gebaut haben. Es wäre natürlich schwer zu ertragen, wenn die einfach so davonkämen. Ja, auch sie werden gerettet werden, schreibt  Paulus, „Aber nur wie jemand, der gerade noch dem Feuer entkommen ist.“ Gott verstößt niemanden. Aber Gott lässt sich trotzdem nicht alles gefallen.

 

In diesen Zeiten frage ich mich oft: Was ist nur mit den Menschen los? Was ist nur mit mir los? Wie gehen wir eigentlich miteinander um? Da wird durch Rücksichtslosigkeit, Selbstsucht und Rechthabenwollen gerade ganz viel demoliert und eingerissen an unserem Tempel! Da wird an uns selbst gerade ganz viel demoliert. Und wir haben dann die schwere Aufgabe, das wieder aufzubauen oder zu reparieren. Ja, das ist schwer, aber das ist es wert. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass uns das gelingen wird, denn wir haben ja ein starkes Fundament. Aber es funktioniert nur, wenn wir uns mit viel Liebe und viel Geduld an die Arbeit machen.

 

Ich muss da immer wieder an eine junge Frau denken, die sich mit viel Mühe einen VW Bus zu einem fahrbaren Zuhause umgebaut hatte und einen schweren Unfall erlitt, weil ihr jemand unter Alkohol- oder Dogeneinfluss hinten reingefahren ist. Das Auto war eigentlich ein Totalschaden und keine Werkstatt wollte sich die Mühe machen, das Auto zu reparieren.

Aber sie nicht aufgegeben und am Ende doch jemanden gefunden, mit dessen Hilfe sie aus einem Haufen Schrott wieder ein Zuhause machen konnte. Sie hat ihren VW Bus nicht entsorgt und einen neuen gekauft, weil die Substanz noch in Ordnung war und weil ihr viel an ihrem Zuhause lag.

 

Genauso erhoffe ich mir das für das Zuhause, das wir für Gottes Geist bauen. Es wird immer wieder durch Hass, Gewalt, Egoismus und Ignoranz demoliert und irgendwann vielleicht sogar geschrottet werden. 

 

Aber wir können dieses Zuhause wieder instand setzen, wenn ihm Schaden zugefügt wurde. Wir müssen es nur wirklich wollen und wir müssen uns mit viel Liebe und Geduld an die Arbeit machen. 

Und dann ist die Menschheit am Ende ein richtig schönes Zuhause, in dem Gottes Geist wohnt.

 

 

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