Die Sache mit der Ewigkeit

 


Predigt am 22.11.2020 zu Offenbarung 21, 1-7


 

Ihr Lieben,

als ich ein Kind war, hat mein Vater einmal versucht, mir die Ewigkeit verständlich zu machen.

Er sagte: „Stell dir mal den höchsten Berg auf dieser Erde vor, den Mount Everest. Der ist über 8000 Meter hoch. Alle tausend Jahre landet ein Vogel auf dem Berg und pickt mit seinem Schnabel vom Felsen ein kleines Steinchen los, nicht viel größer als ein Sandkorn. Dieses Steinchen nimmt der Vogel mit. Und wenn dann irgendwann der ganze Berg abgetragen ist, dann sind fünf Minuten der Ewigkeit vorbei.“

 

Mein Papa hätte natürlich auch sagen können, dass die Ewigkeit noch länger als tausend Jahre dauert. Ich glaube, das hätte mich schon genug beeindruckt. Aber so bekam ich eine noch bessere Vorstellung davon, was es mit der Ewigkeit auf sich hat.

 

Ganz oft wollen wir gar nicht, dass etwas ewig dauert.

Wir alle haben schon Kommentare wie diese gehört:

Dich habe ich ja ewig nicht gesehen!

Du hast ja ewig nichts von dir hören lassen!

 

Und eigentlich ist damit gemeint, dass die Zeit schon viel zu lang war und dass andere Menschen uns in dieser Zeit etwas vermisst haben. Wie gut, dass diese „Ewigkeit“ endlich vorbei ist.

 

Ich will nicht ewig getrennt sein von den Menschen, die mir nahestehen.

Es ist eine furchtbare Vorstellung, dass ich diese Menschen nie wieder sehen würde. Wirklich nie.

 

Es ist bei der Ewigkeit also schon entscheidend, was da ewig dauern soll.

Wenn es etwas Schlechtes ist, dann macht uns das zu Recht Angst. 

Wer will schon, dass die Pandemie ewig dauert? (Wie gut, dass ein Impfstoff in Sicht ist!)

Wer will schon, dass ein Krieg ewig dauert?

Und: Wer will schon, dass der Tod ewig dauert? 

Das würde ja bedeuten, dass wir einfach weg sind. Und nie, nie, nie wiederkommen. Furchtbare Vorstellung!

 

Wenn also etwas ewig sein soll, dann muss es schon richtig gut sein.

So wie das Reich Gottes, das endlich Frieden in die Welt bringt. Das haben sich die Menschen in der Zeit der ersten christlichen Gemeinden ausgemalt wie zum Beispiel die Stadt Jerusalem, nur viel, viel größer und schöner. Der Verfasser der Johannesoffenbarung konnte sich offensichtlich gut vorstellen, die Ewigkeit in diesem neuen Jerusalem zu verbringen.

Er malt für seine Leserinnen und Leser ein strahlendes Bild, wie die alte Welt durch eine neue ersetzt wird. Die alte Welt ist zeitlich begrenzt, aber die neue, viel schönere Welt ist ewig. Es ist eine Welt, in der es keinen Tod, keine Trauer, keinen Schmerz und kein Klagegeschrei mehr geben wird. So erzählt es uns der Text. Und ich bin davon überzeugt, dass das noch lange nicht alles ist. Da gibt es noch mehr, bzw. nicht mehr. Da werden auch keinen Streit, keinen Hass und keine Gewalt mehr sein. Ansonsten würde ich da auch gar nicht sein wollen.

 

Wisst ihr, es gibt ja Menschen, mit denen ich lieber nicht die Ewigkeit verbringen würde. Und da ist es eine schöne Vorstellung, dass das, womit wir uns hier gegenseitig das Leben schwer gemacht haben, einfach nicht mehr da ist. Die Gräben oder die Abgründe, die uns hier trennen, wird es in der neuen Welt nicht mehr geben. Da bin ich mir ganz sicher. Worüber wir uns hier noch in die Haare gekriegt haben, wird da kein Thema mehr sein. 

Wie gesagt: Eine schöne neue, ewige Welt, die da auf uns wartet und die wir erben werden. Auch wenn es für mich nicht unbedingt die Stadt Jerusalem sein muss. Mir persönlich wäre ja eine traumhafte Landschaft lieber. Aber wie auch immer die Ewigkeit am Ende aussieht: Ich bin mir sicher, dass ich mich da wohlfühlen werde.

 

Das schöne ist, dass diese Ewigkeit schon angefangen hat. Das Reich Gottes hat schon angefangen. Es ist nur noch nicht fertig. 

Das Reich Gottes hat deshalb schon angefangen, weil Gott uns durch Jesus Christus unsere ganzen Verfehlungen schon vergeben und damit ewiges Leben erst möglich gemacht hat. Das Reich Gottes hat aber auch angefangen, weil es Menschen gibt, die das nachleben, was Gott uns in ihrem Gebot der Liebe mitgegeben hat. Überall da, wo Menschen hilfsbereit sind, ist Reich Gottes. Überall da, wo Menschen andere Menschen vorbehaltlos annehmen, ist Reich Gottes. Überall da, wo Menschen verzeihen ist Reich Gottes.

Wie gesagt: das Reich Gottes hat schon angefangen.

 

Damit verbunden ist die Hoffnung der Auferstehung. Gott verspricht uns ja, dass nicht nur die alte Welt durch eine neue ersetzt wird, sondern dass auch unser zeitlich begrenztes irdisches Leben durch ein neues ewiges himmlisches Leben ersetzt wird. Da schon erwartet uns etwas Neues.

Gott verspricht uns, dass nach dem irdischen Leben zwar der Tod kommt, aber der ist nicht ewig. Der Tod ist lediglich ein Übergang, der uns zum ewigen Leben führt. Dieses ewige Leben werden wir erben, genauso wie die Menschheit eines Tages das Friedensreich erben wird.

 

Unsere Verstorbenen haben ihre Erbschaft schon angetreten. Das ist der Trost, den ich uns heute mitgeben kann. Das ist der Trost, den Gott uns heute mitgibt. Sie sind schon da, wo sie es wirklich gut haben, weil das Reich Gottes schon angefangen hat.

 

Damit ist allerdings noch nicht Schluss. Dass das Reich Gottes hat nämlich auch für uns schon angefangen. Auch für uns ist es möglich, das Alte, das Traurige, das Beklagenswerte, den schmerzhaften Abschied, zurückzulassen. Es wartet schon im Hier und Jetzt eine neue Welt auf uns, in der unsere Tränen abgewischt werden, weil das Reich Gottes schon angefangen hat. Weil es Menschen gibt, die das Gebot der Liebe leben und für uns da sind, um uns trösten.

Gott wirkt ja nicht ganz versteckt und heimlich und auf wundersames Weise. Und Gott wirkt nicht für sich. Jedenfalls nicht immer. Ganz oft wirkt Gott doch durch uns Menschen. Und da kommt der Trost her, den wir gerade jetzt so dringend brauchen, wo für viele das erste Weihnachten ohne den geliebten Menschen vor der Tür steht.

 

Darum: Lasst uns Gemeinschaft sein. Lasst uns füreinander da sein. Lass uns Gott mit der Fertigstellung ihres Reiches helfen. Last uns Gott dabei helfen, dass die Ewigkeit, wirklich, wirklich schön wird.




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