Licht an!

 

Predigt am 08.11.2020 zu 1. Thessalonicher 5, 1-6


 

Ihr Lieben,

es wird hell, wenn sich der Teil der Erde, auf dem wir leben, der Sonne zuwendet. Dann ist Tag. Wenn sich dieser Teil der Erde von der Sonne wegwendet, dann wird es dunkel. Wenn sich also Helgoland von der Sonne wegdreht, dann ist es auf Helgoland Nacht.

 

Tag ist klasse, denn dann können wir alles sehen. Dazu sorgt das Sonnenlicht dafür, dass unser Körper Vitamin D produziert. Das brauchen wir u.a. zur Knochenbildung und für ein funktionierendes Immunsystem. Außerdem wirkt sich Licht positiv auf unsere Psyche aus.

 

Wenn es dunkel ist, dann finden wir das oft nicht so klasse, denn im Dunkeln können wir nicht sehen, können keine Gefahren erkennen. Wenn ich zum Beispiel ganz früh morgens joggen gehe, dann ist es zu dieser Jahreszeit noch dunkel und ohne Licht würde ich von der Insel fallen, weil ich nicht sehen kann, wo sie zuende ist.

Weil wir Gefahren nicht ausmachen können, haben manche Menschen in der Dunkelheit Angst. Dazu kommt, dass zu viel Dunkelheit uns aufs Gemüt schlagen und uns depressiv machen kann.

Wobei Dunkelheit nicht grundsätzlich schlecht ist. Im Gegenteil. Sie sorgt dafür, dass wir zur Ruhe kommen, denn Dunkelheit löst die Ausschüttung von Schlafhormonen aus. Wir Menschen sind ja so gemacht, dass wir nachts, schlafen. Wenn es gut läuft.

 

In dem Brief, den Paulus an die Gemeinde in Thessaloniki schreibt, stehen Nacht und Dunkelheit aber nicht für Auszeiten und Ruhepausen. Paulus bezeichnet damit all das, was böse ist, was schlecht ist, was sich von Gott abgewendet hat. Und: Die Dunkelheit steht für den Tod. Dazu erwartet Paulus schon bald den Weltuntergang.

Deshalb ist es für ihn auch so wichtig, dass die Fronten geklärt sind, dass geklärt ist, wer zur Dunkelheit und wer zum Licht gehört.

 

Zur Dunkelheit und zur Nacht gehören die Menschen in der Gemeinde, die er anschreibt, nicht. „Denn ihr seid alle Kinder des Lichts und Kinder des Tages“, sagt Paulus. „Kinder des Lichts“ war übrigens eine verbreitete Bezeichnung für die Angehörigen der christlichen Gemeinde.

Die gute Nachricht: Auch wir sind damit gemeint. Auch wir sind Kinder des Lichts.

 

Und das ist gut zu wissen, denn da ist im Moment eine Menge Dunkelheit in der Welt. Man kann gerade in diesen Zeiten das Gefühl haben, dass die Dunkelheit das Licht erdrückt und auszulöschen droht. Auch heute herrscht vielerorts Weltuntergangsstimmung. Viele meinen ja durchaus, dass die Kriege, der Terror und die Pandemie Vorboten des Weltuntergangs sind.

 

Die Frage ist jetzt: Was ist stärker? Die Dunkelheit oder das Licht?

 

Die Dunkelheit wird vermutlich über das Licht siegen, wenn wir einfach nur dasitzen und darauf warten, dass die Sonne für uns scheint. Und dann verzweifeln wir, wenn sie es nicht tut, weil die Dunkelheit sich mehr und mehr ausbreitet. 

ABER: Wir sind ja durchaus in der Lage, selbst für Licht zu sorgen! Wir selbst sind in der Lage, die Welt hell zu machen.

 

Okay, wir können nicht, wie Gott, eine zweite Sonne erschaffen. Aber wir Menschen haben gelernt, Feuer zu machen. Wir haben auch gelernt, andere Formen von Energie in Licht umzuwandeln: Aus Wind oder Wasser wird Strohm und aus Strohm wird Licht.

 

So habe ich zum Beispiel beim frühmorgendlichen Joggen ein Lampe dabei, damit ich NICHT von der Insel falle.

 

Das Lichtmachen lässt sich auch auf die Art von Licht anwenden, von dem Paulus schreibt. Auch dieses Licht können wir anmachen. Einmal für uns selber und dann natürlich auch für andere. Wir müssen nicht warten, dass Gott das für uns uns tut. Eigeninitiative ist das Stichwort.

 

Dazu ein paar Beispiele:

 

Das, was mir wichtig ist, was mein Leben hell macht, ist vielfach gerade nicht möglich. Deshalb muss aber mein Leben nicht dunkel werden. Die Dunkelheit lässt sich erleuchten. Ich muss nur das nächstbeste finden. 

 

Nehmen wir zum Beispiel die Urlaubsreisen: Wir brauchen sie, um auf Abstand zu den Anforderungen des Alltags gehen zu können. Aber Urlaubsreisen sind gerade nicht möglich. Darüber kann ich mich jetzt natürlich furchtbar grämen. Aber wenn ich mir ein Fotobuch von einem der letzten Urlaube vornehme und gemütlich auf dem Sofa durchschmökere oder wenn ich einen Dia-Abend mit Urlaubsbildern mache, dann ist das schon ein kleiner Urlaub für sich. Wenn ich mich darauf einlassen kann, dann habe ich in meinem Leben Licht gemacht.

 

Das Schwimmbad ist leider zu, aber bei Wind und Wetter spazieren zu gehen, ist auch schön! Wenn ich diese Spaziergänge als schön empfinden und dafür dankbar sein kann, dann habe ich Licht gemacht in meinem Leben.

 

Es gibt aber auch noch einen anderen Aspekt, wenn es darum geht, ein Kind des Lichts zu sein.

 

Kinder des Lichts zu sein unterscheidet uns nämlich von anderen Menschen. Es unterscheidet uns von denen, die nur auf Macht aus sind. Das unterscheidet uns von denen, die meinen, andere im Namen ihres Gottes umbringen zu müssen. Das unterscheidet uns von denen, die nur an sich selber denken. 

Wir sind Kinder des Lichts: Das heißt, dass Gottes Licht in uns scheint. Und da braucht es auch keine Eigeninitiative. Gottes Licht scheint da von ganz alleine. 

Das heißt aber auch, dass wir ein Licht anzünden können für alle, die in Finsternis leben.

 

Ich hatte es ja schon gesagt: Wir können Licht für uns selber anmachen, aber wir können auch Licht für andere anmachen.

 

Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns das gerade jetzt immer wieder sagen: Ich bin ein Kind des Lichts. Damit vertreiben wir die Dunkelheit der kurzen und kalten Tage. Damit vertreiben wir die Schatten von sozialer Distanz. Damit vertreiben wir die Finsternis von Terror und Gewalt.

 

Gott hat mir Licht geschenkt. Gott hat mich mit ganz viel Licht erfüllt. Und jetzt will auch ich ein Licht sein in der Welt. Ich will ein Licht sein für die Welt.

 

Wie das aussieht?

Ganz einfach: 

 

Ich kann mich weigern, mich zu streiten. Es gibt schon so viel bösen Streit bis hin zu Hass, der aus Meinungsverschiedenheiten entsteht. Da muss ich nicht auch noch mitmachen. Ich werde versuchen, die Meinung anderer zu akzeptieren, auch wenn ich sie nicht teile.

 

Ich kann mich weigern, andere durch Worte oder Taten zu verletzen. Ich kann versuchen, besonnener zu sein in meinen Äußerungen und in dem was ich tute. Ich kann versuchen, vorher abzusehen, welche Wirkung meine Worte und Taten auf andere Menschen haben könnten.

 

Ich kann versuchen, offen zu sein für das, was mir begegnet, auch wenn es anders ist und mir vielleicht Angst macht.

 

Ich kann versuchen, ein offenes Ohr für das zu haben, was andere Menschen bewegt. Ich kann versuchen, Verständnis für andere aufzubringen.

 

Ich kann versuchen, nicht neidisch zu sein, sondern anderen das zu gönnen, was sie haben. Ich kann versuchen, mich mit ihnen zu freuen, wenn sie etwas dürfen, was ich vielleicht nicht darf.

 

Ich kann versuchen, anderen liebevoll zu begegnen und so oft wie möglich ein Lächeln oder tröstende Worte zu verschenken.

 

Ich kann versuchen, da zu sein, wenn ich gebraucht werde.

 

Das muss nicht bedeuten, dass mir all das auch gelingt. Oft genug werde ich scheitern. Aber allein die Tatsache, dass ich bereit bin, es zu versuchen, macht aus mir ein Kind des Lichts.

 

Also, die Devise in diesem November muss sein: 

Licht an und raus in die Welt!                    


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