Tu nur das, was du gut kannst und was dir Freude macht!


Predigt am 10.01.2021 zu Römer 12, 1-8


 


Ihr Lieben,

habt ihr mal versucht, mit der Nase eine Getränkekiste anzuheben? Nein? Ich auch nicht. Meine Nase kann das gar nicht. Meine Nase kann auch nicht dafür sorgen, dass ich mich von A nach B bewege. Meine Nase kann so einiges nicht.

 

Ich kann auch so einiges nicht: Glockengeläut programmieren zum Beispiel.

Wir ziehen ja heutzutage nicht mehr an einem Seil, um eine Glocke zum Schwingen zu bringen. Das Zumschwingenbringen erledigt die Elektrik.

 

In unserer Sakristei gibt es einen Schaltkasten, über den man das Glockengeläut mit Datum und Uhrzeit und ggf. Wiederholungsfunktion einprogrammieren kann. Wenn man denn verstanden hat, wie das mit dem Programmieren funktioniert. Unsere Küsterin hat das verstanden. Sehr gut sogar. Ich habe das nicht verstanden. Obwohl es diverse geduldige Versuche gab, mir das Programmieren der Glocken beizubringen, haben wir alle am Ende entnervt aufgegeben. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ich es besser mit dem Programmieren sein lasse. Nicht, dass ich am Ende noch etwas kaputtmache.

 

Neben dem Programmieren der Glocken gibt es auch noch einige andere Dinge, die ich nicht kann: Brot schneiden muss da unbedingt genannt werden.

 

Und dann gibt es Dinge, die ich nicht mag. Einkaufen zum Beispiel. Wenn ihr mir so richtig den Tag vermiesen wollt, dann schickt mich einkaufen.

 

Zum Glück habe ich einen Mann, dem das Einkaufen überhaupt nichts ausmacht, und der das deshalb meistens übernimmt. Dafür bin ich dann in unserem Haushalt für das das Bettenmachen zuständig, denn das ist etwas, das ich sehr gerne tue. Betten beziehen übrigens auch.

Wir ergänzen uns insgesamt ziemlich gut mit den Dingen, die der eine gut kann und die andere nicht, oder mit den Dingen, die der eine nicht mag, die andere dafür aber umso lieber.

In unserer Partnerschaft gerate ich selten in Situationen, in denen ich etwas tun muss, was ich nicht mag oder nicht gut kann. Und ich glaube, meinem Mann geht es ähnlich.

 

Genauso soll es auch unter den Christinnen und Christen sein, sagt Paulus. Jede soll das tun, was sie gut kann. Jeder soll das tun, was er gerne macht. Genauso sollte es auch heute in jeder Kirchengemeinde, in jedem Kirchenkreis, in jeder Landeskirche und in der weltweiten Kirche sein.

 

Ist es aber selten.

Denn oft fehlt das Geld, um genügend bezahlte Mitarbeitende einzustellen. Das Resultat ist dann, dass die wenigen Mitarbeitenden ganz viele Dinge tun müssen, die sie nicht gerne tun oder die sie gar nicht beherrschen oder beides. Dazu kommt, dass auch ganz viele Ehrenamtliche zu viel von dem tun müssen, was sie weder können noch mögen.

Da ist der Beziehungsstress innerhalb der Kirche doch schon vorprogrammiert!

 

Das ist übrigens nicht nur innerhalb der Kirche so. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Schieflage auf unsere gesamte Gesellschaft zutrifft. 

Und wenn Menschen Dinge tun müssen, für die sie eigentlich gar nicht ausgebildet sind, die ihnen nicht liegen und an denen sie keine Freude haben, dann hat das schlechte Ergebnisse zur Folge. Wer seine Arbeit nicht kann, und / oder wer seine Arbeit nicht mag, wird sie nicht gut machen.

 

Mich frustriert es unglaublich, dass wir uns so viel sinnloses Zeugs leisten, aber Freude an den Aufgaben und an der Arbeit leisten wir uns als Gesellschaft nicht. Wir leisten uns Milliardenhilfen für alles mögliche, aber es werden keine Milliardenhilfen lockergemacht, wenn es darum geht, dass Menschen nur das tun, was sie auch wirklich gut können.

 

Deshalb finde ich es so schön, dass wir durch die Zeilen von Paulus mal wieder daran erinnert werden: Tu das, was du gut kannst und woran du Freude hast. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger. Und akzeptiere, dass auch andere „nur“ das tun, was sie gut können und was ihnen Freude macht. Das liefert jedenfalls gute Resultate.

 

Ich liebe diesen Text aus dem Römerbrief, denn er schützt vor Überforderung und er motiviert zu Akzeptanz. Im Grunde sagen uns diese Zeilen, dass nicht alle alles können oder tun müssen. Und sie sagen uns, dass das, was jemand kann, wertvoll ist, egal was es ist.

 

Ich finde da das Beispiel mit den Gliedmaßen eines Körpers sehr passend, denn alle Teile unseres Körpers sind wichtig und werden gebraucht. Genauso wird jeder einzelne Mensch in Gottes Reich gebraucht, mit der jeweils eigenen Fähigkeit. Genauso wird auch jeder einzelne Mensch in unserer Gesellschaft gebraucht. Und das muss endlich wertgeschätzt werden!

 

Mit uns ist es ja nicht anders als mit den Körperteilen. Für gewisse Dinge sind wir einfach nicht gemacht. Ich bin nicht zum Programmieren von Glockengeläut gemacht. Das kann jemand anders viel besser und macht es auch. Dafür kann ich aber ganz gut erzählen. Ich kann schreiben. Ich kann gut zuhören. Ich kann gut annehmen. Ich kann gut mitfühlen. Ich kann gut offen sein. Ich bin gerne mit Menschen zusammen. Ich gebe gerne weiter, was mir an meinem Glauben so wichtig ist, ich bete gerne, ich feiere unglaublich gerne Gottesdienst ... 

 

Ich gerate natürlich auch immer wieder in Situationen, in denen ich Dinge tun muss, die ich gar nicht gut kann und die ich äußerst ungern tue. Manchmal muss ich da dann auch durch. Wenn mein Mann zum Beispiel auf dem Festland unterwegs ist, dann muss ich selbst einkaufen gehen. Hilft nix.

 

Aber oft genug gibt es auch jemanden, der oder die viel besser geeignet ist, eine bestimmte Aufgabe zu erledigen. Und sogar auch noch Lust dazu hat. Ich muss dann nur den Mut aufbringen zu sagen: Tut mir leid, aber ich bin hier die Falsche für den Job. Ich schreibe gerne die Predigt für den nächsten Sonntagsgottesdienst, aber das Glockengeläut programmiere ich nicht, denn das wäre genauso erfolglos, als wenn meine Nase versuchen würde, eine Getränkekiste anzuheben.

 

Also: Freut euch über die Dinge, die ihr gut könnt und die ihr gerne tut. Ihr müsst nicht mehr sein oder besser sein, um wertvoll zu sein. Gott will euch genauso, wie ihr seid! 

Die Gesellschaft muss natürlich noch lernen, euch genauso zu wollen, wie ihr seid.

 

Deshalb: Setzt euch zum einen selbst nicht zu sehr unter Druck, aber erwartet auch nicht zu viel von den anderen. Erkennt an, dass wir alle unterschiedliche Fähigkeiten haben. Erkennt an, dass euer Gegenüber nicht alles leisten kann und will. Und bringt allen die gleiche Wertschätzung entgegen, egal was sie können und mögen. Bringt allen die gleiche Wertschätzung entgegen, die ihr selber auch gerne hättet.

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