Kinder des Lichts

 


Predigt am 07.03.2021 zu Epheser 5, 1-2.8-9

 


Ihr Lieben,

 

In unserem düsteren Wohnungsflur steht in einer besonders düsteren Ecke eine Glasvase mit einer LED Lichterkette drin. Diese Lichterkette brennt da schon seit Weihnachten. Sie brennt inzwischen ziemlich funzelig, weil eigentlich die Batterien alle sind. Aber so ganz alle sind sie offensichtlich noch nicht, denn die LED Lampen geben ja noch Licht ab. Dieses kleine bisschen Licht reicht tatsächlich aus, um als Nachtlicht zu fungieren und dafür zu sorgen, dass wir uns im Dunkeln orientieren können. Die Finsternis in der nächtlichen Wohnung ist dank der funzeligen Lichterkette nicht mehr stockfinster.

 

Im Epheserbrief ist auch von Licht und Finsternis die Rede. Allerdings sind in diesem Fall nicht ein dunkler Hausflur und LED-Leuchten gemeint, sondern Menschen. Es gibt Menschen, die zur Finsternis gehören und dann gibt es die Kinder des Lichts. Menschen, die zur Finsternis gehören, sind diejenigen, die all das machen, was einem christlichen Leben entgegensteht. Also das, was der Liebe entgegensteht.

 

Nennen wir sie der Einfachheit halber doch mal Kinder der Finsternis. 

Und jetzt lasst uns mal sehen, was die Kinder der Finsternis nach christlichen Gesichtspunkten ausmacht:

 

Sie wollen unglaublich viel Aufmerksamkeit.

Sie wollen Bewunderung.

Sie wollen Macht und Einfluss.

Sie wollen nur ihre eigenen Interessen durchsetzen.

Sie nehmen keine Rücksicht.

Sie verschwenden.

Sie beuten aus.

Sie schüren Gewalt.

Sie verletzen oder töten sogar.

Sie stehlen.

Sie lügen.

Sie gönnen anderen nichts.

Sie sind überheblich.

 

Und sie haben bestimmte Gefühle. 

Jetzt sind Gefühle an sich nicht gut oder schlecht. Gefühle sind einfach da, aber bestimmte Gefühle können ein Leben finster oder hell machen. Damit würde ich auch Menschen mit den folgenden Gefühlen den Kindern der Finsternis zuordnen:


Sie haben Angst.

Sie fühlen sich einsam.

Sie sind traurig.

Sie sind wütend.

Sie hassen.

 

Die Kinder des Lichts dagegen haben diese Eigenschaften (Gefühle auch wieder mit inbegriffen, aus demselben Grund):

 

Sie lieben - vorbehaltlos.

Sie nehmen andere an - auch vorbehaltlos.

Sie verzeihen Fehler.

Sie nehmen die Bedürfnisse anderer wahr und nehmen sie ernst.

Sie helfen.

Sie geben ab.

Sie nehmen sich selbst nicht immer so wichtig.

Sie schlichten Streit.

Sie setzen sich für den Frieden ein.

Sie sind gerecht.

Sie verurteilen nicht.

Sie sind offen.

Sie sind neugierig.

Sie schützen das Leben.

Sie bringen anderen Wertschätzung entgegen.

Sie wissen Geschenke zu würdigen.

Sie sind fröhlich.

Sie haben Humor.

 

Das Schöne: Schon eine einzige kleine Lichtquelle reicht aus, damit die Finsternis nicht mehr vollständig finster ist. So wie meine funzelige Lichterkette ausreicht, dass wir uns im dunklen Flur orientieren können, und um zu wissen, wo es langgeht. Die funzelige Lichterkette in unserem Flur sorgt dafür, dass ich nicht die Treppe runterfalle, wenn ich nachts aufs Klo muss, weil sie genug Licht gibt, damit ich den Weg ins Badezimmer finde. Ich würde ja im Flur Licht machen, aber ich bin immer zu verpennt, um den Lichtschalter zu finden. 

 

Schon ganz wenig Licht reicht also aus, damit ich mich orientieren kann.

 

Das bedeutet: Mein eigenes kleines Licht reicht eigentlich schon aus, dass es in der Welt nicht mehr so finster ist und dass wir uns orientieren können. Aber ich alleine muss ja gar nicht die ganze Dunkelheit vertreiben. Wir sind ja viele.

Ich muss also nicht alles können und alles sein, was von einem Kind des Lichts erwartet wird, schon gar nicht alles auf einmal. Ein bisschen davon reicht schon, denn am Ende macht es die Masse. Je mehr wir werden, desto heller wird es in der Welt.

 

Das bedeutet, dass es unsere Aufgabe ist als Kinder des Lichts, das zu leben, was das Licht ausmacht, und so mit gutem Beispiel voranzugehen und Orientierung zu geben. Und wenn es gut läuft, werden wir immer mehr und am Ende kann das Licht die Finsternis besiegen.

 

Übrigens ist Licht nicht einfach nur weiß. Wer in Physik aufgepasst hat, weiß, dass das Licht, das wir als weiß sehen, eigentlich ein ganzes Spektrum an Farben hat. Wenn Licht auf ein Prisma trifft kann man das gut sehen, oder wenn Licht auf Regen trifft, denn dann gibt es einen bunten Regenbogen.

 

Ich finde, dass das ein wunderschönes Beispiel für die Vielfältigkeit der Menschen ist. Wir sind nicht alle gleich, sondern wir sind ganz unterschiedlich, sind bunt und haben unterschiedlich leuchtende Eigenschaften. Kein Mensch ist besser oder schlechter. Wir alle, egal wo wir herkommen, was wir sind und was uns ausmacht, sind am Ende das Licht, das die Finsternis vertreibt.

 

Was nicht heißt, dass wir selbst nicht auch ein paar dunkle Seiten haben. Auch ich kann neidisch sein. Auch ich bin richtig gut darin, Streit anzufangen. 

Und manchmal sind die Batterien auch einfach nur auf Reserve und dann scheint mein Licht nur ganz funzelig in die Welt: Wenn ich schlecht drauf bin und genervt, und wirklich einfach mal an mich selber denken muss. 

 

Trotzdem weiß ich, dass ich ein Kind des Lichts bin.

Denn mein Licht strahlt wieder hell, wenn ich etwas richtig gut hingekriegt habe: Wenn ich als Feuerwehrfrau Hilfe geleistet habe zum Beispiel oder als Pastorin mit offenem Ohr und offenem Herzen für einen anderen Menschen dagewesen bin. 

 

Manchmal reicht sogar eine Kleinigkeit aus, um es in der Welt heller werden zu lassen. Vor ein paar Tagen stand ich morgens in meinem Badezimmer und machte mich fertig. Ich hatte das Fenster auf und konnte hören, wie eine Mutter sich von ihrem Kind verabschiedete, das sie gerade zur Schule gebracht hatte. Bevor sie sich trennten, sagte die Mutter: „Hab dich lieb.“ Das Kind antwortete: „Hab dich auch lieb.“ Ich weiß nicht, ob ihr es gemerkt habt, aber ganz Helgoland hat geleuchtet. Jedenfalls kam es mir so vor. Die beiden haben nicht nur ihre eigene kleine Welt ein bisschen heller gemacht, sondern meine gleich mit.

 

Da war Gottes Liebe am Leuchten - durch diese beiden Menschen hindurch, raus in die Welt.

 

Das kriegen wir auch hin, oder? Schließlich sind wir Kinder des Lichts.

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