Wunderbar gemacht

 


Predigt am 14.03.2021 zu Psalm 139


 

Ihr Lieben,

 

treffen sich zwei Schneeflocken in der Luft. Fragt die eine: „Und, wo willst du hin?“ Die andere antwortet: „Nach Grönland, da kann ich lange liegenbleiben. Und du?“ „Nach Deutschland.“ Was willst du denn da?“ „Panik machen.“

 

Auf Helgoland klappt das mit der Panikmache nicht, glaube ich. Die meisten von uns hier haben sich ja durchaus über den Schnee gefreut, den wir diesen Winter abbekommen haben. Besonders weil wir hier ja sonst kaum Schnee haben, denn meistens ist es viel zu mild für Schnee. Was schade ist, denn dadurch bekommen wir oft weniger Schneeflocken zu sehen als die Festländer und Festländerinnen. 

Und Schneeflocken sind doch so schön! Aus gefrorenem Wasser entstehen die beeindruckendsten kleinen Sterne. Sie sind ganz erstaunlich und wunderbar gemacht. Schneeflocken sind ganz erstaunlich und wunderbar wie wir alle.

 

Sie sind aber auch ganz zart und empfindlich und verschwinden schnell, wenn es zu warm wird. Das trifft ebenfalls auf uns Menschen zu, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussehen mag. Auch wir sind zart und empfindlich - zumindest in unserem Inneren. Wir sind empfindsame Menschen, mit denen man genauso vorsichtig umgehen muss wie mit Schneeflocken, wenn sie keinen Schaden nehmen sollen. 

 

Wir sind wie Schneeflocken. Nicht, weil auch wir manchmal Panik und Chaos verbreiten können. Wir sind wie Schneeflocken, weil wir wunderbar geschaffen sind, wie es in Psalm 139 heißt, 

und weil wir einzigartig sind. Keine zwei Schneeflocken sind gleich und das trifft auch auf uns Menschen zu.

 

Ihr alle habt es vielleicht schon erlebt und werdet es bestimmt auch in der Zukunft erleben, dass man versucht, euch das Gegenteil glauben zu lassen. Es wird Situationen geben, in denen andere euch sagen, dass ihr gar nicht so wunderbar seid, weil ihr Fehler gemacht habt oder weil ihr schlichtweg nicht das umgesetzt habt, was andere von euch erwarten. Ich hoffe natürlich sehr, dass euch diese Erfahrung erspart bleibt, aber ich kenne eigentlich niemanden, dem nicht schon gesagt wurde: So klasse bist du gar nicht. Und dann kommt vielleicht auch noch die eigene innere Stimme dazu, die versucht, euch dasselbe zu erzählen. 

 

Das kann einen schon ziemlich verunsichern. Das kann einem schon ziemlich das Leben schwer machen.

 

Wenn das passiert, dann erinnert ihr euch hoffentlich an die Worte aus diesem Psalm, die euch die Wahrheit sagen und euch wissen lassen, wie großartig und einzigartig ihr seid. Und vergesst nicht, Gott auch ab und zu dafür zu danken, dass er (oder sie) euch so großartig gemacht hat.

 

Was aber noch viel wichtiger ist, als die Tatsache, dass ihr auf erstaunliche Weise wunderbar geschaffen seid, ist diese Aussage hier: 

„Von hinten und vorn hast du mich umschlossen und deine Hand auf mich gelegt.“ Derjenige, der den Psalm geschrieben hat, hat offensichtlich gute Erfahrungen gemacht. Er hat erlebt, dass Gott ihn beschützt und segnet. 

 

Das wird Gott auch mit euch tun. Gott hat euch von hinten und von vorn umschlossen. Ihr habt also einen doppelten Schutzpanzer. 

Aber Gott hat auch seine Hand auf euch gelegt und euch gesegnet. Damit habt ihr Anteil an Gottes Gnade, die gerade dann wichtig wird, wenn euch einmal etwas misslingt und ihr euch mal nicht ganz so verhaltet, wie Gott das eigentlich für euch vorgesehen hat. 

Manchmal siegt ja bei uns Menschen doch der Egoismus oder die Gedankenlosigkeit und dann tun wir Dinge, die wir nicht tun sollten. Durch den Segen sagt Gott euch dann aber: Ich vergebe dir. 

 

Anteil an Gottes Kraft habt ihr mit dem Segen auch. Das heißt, dass da etwas ganz Besonderes in euch wohnt, das euch noch einzigartiger macht, als ihr ohnehin schon seid. Es steckt ein bisschen Gott in euch drin. 

 

Dazu fällt mir übrigens der Namaste-Gruß ein. Mein Bischof in Amerika hatte uns mal die Herkunft und Bedeutung dieses Grußes erklärt. Das Wort kommt aus dem Sanskrit, wird mit vor der Brust zusammengefalteten Händen und einer leichten Verbeugung gesprochen und heißt dann: Das Göttliche in mir grüßt das Göttliche in dir. Also auch die Hindus haben erkannt, dass in den Menschen etwas Göttliches steckt. Was natürlich wieder dazu passt, dass wir auf erstaunliche Weise wunderbar geschaffen sind. Wie Schneeflocken.

 

Im Grunde haben wir diese göttliche Kraft schon seit der Taufe, aber der Konfirmationssegen bestätigt das noch einmal. Dadurch wurde oder wird euch euch Gottes Schutz und Bewahrung zugesichert und bestätigt, dass ihr mit göttlicher Kraft ausgestattet seid.

 

Wir sind also gut ausgerüstet seid für unseren Lebensweg: Wir sind wunderbar geschaffen, wir sind von Gott beschützt und wir haben sogar ein bisschen Gott in uns. Damit haben wir alle Voraussetzungen, um in der Welt klarzukommen, aber auch um mit der Welt entsprechend umzugehen. 

Aber es gibt auch Arbeit, die da noch vor uns liegt! Die Arbeit besteht darin, Gottes Liebe weiterzugeben, für Gerechtigkeit einzutreten und Frieden zu stiften. Und diese Arbeit wird auch nie getan sein. Unser ganzes Leben lang nicht.

 

Das klingt jetzt erstmal nach einer ziemlich großen Aufgabe, die nicht immer leicht zu bewältigen sein wird. Aber im Grunde ist das gar nicht so schwer, wenn wir uns an den Namaste-Gruß erinnern. Wenn wir anerkennen, dass auch die anderen Menschen ein bisschen Gott in sich tragen, dass auch sie einzigartig und wunderbar gemacht sind wie die Schneeflocken, dann gehen wir schon von ganz alleine respektvoll, liebevoll und helfend mit ihnen um.

 

Und das wird sie aufblühen lassen, so wie es uns aufblühen lässt, wenn sich uns respektvoll, liebevoll du helfend zuwendet. Wir wissen ja, wie gut sich das anfühlt und werden dieses gute Gefühl dann hoffentlich gerne weitergeben wollen.

 

Und jetzt bleibt mir nur noch, euch mit ein paar guten Wünschen loszuschicken:

 

Mögt ihr euch immer wieder daran erinnern, wie einzigartig und wunderbar ihr geschaffen seid. Mögt ihr euch immer wieder daran erinnern, dass etwas von Gott in euch steckt.  Mögt ihr euch immer wieder daran erinnern, dass Gott euch beschützt. Mögt ihr in der Lage sein, anderen Gutes zu tun und das, was euch geschenkt wurde, mit ihnen zu teilen.

 

Und ich wünsche euch, dass ihr so leichter durch euer Leben schweben könnt, so wie Schneeflocken eben - ohne Chaos und Panik zu verursachen natürlich. 

 

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