Das neue Normal

 


Predigt am 04.04.2021 zu Markus 16, 1-8

 

 

Ihr Lieben,

 

vor zwei Jahren war es normal, dass 50.000 Menschen oder mehr in einer Arena zusammenkamen, um sich ein Fußballspiel anzusehen. Es war normal, mit Freundinnen und Freunden ins Fitnessstudio oder in ein Restaurant zu gehen. Es war normal, die Familie zu Ostern oder zu Weihnachten zu besuchen. Es war normal, eine andere Person in den Arm zu nehmen, wenn sie traurig war. Für mich war es normal, einmal in der Woche in die Sauna zu gehen. Es war für viele normal, dorthin zu reisen, wohin sie reisen wollten.

Es war auch normal, hier auf Helgoland in einer vollen Kirche Ostergottesdienst zu feiern.

 

Heute ist das nicht mehr normal, denn das alles sind Dinge, die wir im Moment so nicht tun dürfen.

 

Es wird sich viel über das „Normal“ Gedanken gemacht. Die meisten wünschen sich, glaube ich, nichts sehnlicher, als dass wir bald alle geimpft sind und dann zum „alten Normal“ zurückkehren können. 

 

Es gibt aber auch Stimmen, die sagen: Dieses alte Normal wird es nicht mehr geben, denn das Virus wird nicht einfach verschwinden und die Erfahrungen, die wir gemacht haben und immer noch machen, prägen uns und verändern uns auch. Wir werden uns damit abfinden müssen, dass unser Leben nun anders aussieht. Dafür wird es dann ein neues Leben für uns geben - wie auch immer das dann aussieht.

 

Das Schöne: Auch dieses neue Leben wird irgendwann Normalzustand sein. Wir werden uns mit dem, was neu ist, was anders ist, einrichten. Es wird Teil unseres Lebens werden. Hoffentlich in einem positiven Sinne.

 

Für die Menschen, die damals eng mit Jesus befreundet waren, die zu seiner Familie gehörten, und die mit ihm unterwegs waren, war nach seinem Tod auch nichts mehr normal. 

 

Auch sie mussten durch eine Zeit der Herausforderungen und Veränderungen durch. Auch sie konnten nicht zurück zum alten Normal. Es ist ja nicht so, dass Jesus nach seiner Auferstehung gesagt hätte: „So, da bin ich wieder. Was machen wir jetzt? Nochmal nach Kanaan und da ein paar Menschen heilen? Oder wollen wir uns nach Griechenland aufmachen, damit ich da vom Reich Gottes erzählen kann?“

 

Jesus hat seinen Freundinnen und Freunden, seiner Familie, deutlich gemacht, dass er nicht bleiben würde, jedenfalls nicht in leiblicher Form auf der Erde. Er wusste, dass sein Weg ihn zu Gott in den Himmel führt und das bedeutete Veränderung für die Menschen, die ihm nahestanden. Es würde einfach nicht mehr sein wie früher.

Es würde für sie ein neues Leben gegeben. Und dieses neue Leben würde irgendwann zur Normalität werden.

 

Ich finde, sie haben es unfassbar gut gemeistert damals. Sie haben das richtig gut hinbekommen mit dem Umgewöhnen an das „neue Normal“. Denn sonst hätten wir heute kein weltweites Christentum. Dass es überall auf der Welt Nachfolgerinnen und Nachfolger von Jesus gibt, ist normal geworden. Die Jüngerinnen und Jünger von Jesus haben sich darauf eingestellt, dass sie jetzt selbst dafür zuständig sind, Gottes Liebe in der Welt bekannt zu machen. Und sie haben die Verantwortung und die Aufgaben angenommen, die damit verbunden sind - bis heute. Auf diese Weise ist ein weltweites Christentum entstanden.

 

Ich sehe es so, dass es damit eine Auferstehung für die ganze Welt gegeben hat. Die Welt hat sich verändert durch Jesus Christus. Christlicher Glaube und christliche Werte haben Einzug gehalten. Ja, ich gebe zu, dass diese Art der Auferstehung länger gedauert hat als drei Tage. Und im Grunde ist sie auch noch nicht fertig, denn Gottes Reich ist noch nicht vollendet. Da gibt es für uns und auch für Gott noch eine Menge zu tun.

 

Aber wir sind immerhin schon mittendrin im Prozess der Auferstehung und das ist etwas, was wir gut an Ostern feiern können.

 

Dazu hoffe ich, dass uns dieses Bewusstsein helfen wird, mit den Veränderungen in der Welt klarzukommen. Ich hoffe, dass es uns helfen wird, leichter in das neue Normal hineinzufinden.

Und ich hoffe, dass wir uns aktiv an den Veränderungen beteiligen, dass wir uns am Auferstehungsprozess beteiligen:

indem wir zum Beispiel gelassen bleiben, liebevoll, annehmend, weniger meckern, nörgeln und kritisieren, sondern stattdessen selbst konstruktiv an Lösungen mitarbeiten, dass wir teilen, was wir haben, dass wir anderen Gutes gönnen.

 

Ich will übrigens die Auferstehung auch nicht verharmlosen. Denn was der davor kommt, ist der Tod, und damit ist oft schwer umzugehen.

 

Es wird uns nicht immer leicht fallen zu akzeptieren, dass Altes vergeht, auch wenn am Ende etwas Neues kommt. Alte Gewohnheiten, die uns lieb sind, sterben vielleicht, wie zum Beispiel, dass man sich mit Handschlag begrüßt. Aber wir müssen ja auch nicht vollständig auf eine Geste zur Begrüßung verzichten. Vielleicht wird der Handschlag durch eine andere Form ersetzt wie zum Beispiel eine leichte Verbeugung mit aneinander gelegten Händen. Die ich persönlich sehr schön finde, weil sie unglaublich viel Wertschätzung ausdrückt.

 

Der Übergang, also der Tod, ist hart, weil wir nicht alles mitnehmen können in die neue Welt, in das neue Leben. Es wird keine Rückkehr geben zum alten Normal. Das ist nicht mit Auferstehung gemeint. Und das wird schwer für uns, denn die gewohnten Dinge geben uns ja eine gewisse Sicherheit.

 

Dafür kommt aber etwas Neues, und das wird für uns irgendwann auch normal werden - in einem guten Sinn hoffentlich. Und das wird uns mindestens genauso viel Sicherheit geben.

 

Es ist Ostern und wir feiern die Auferstehung von Jesus Christus. Damit feiern wir aber auch unsere Auferstehung, denn die ist uns mit dem ersten Ostern versprochen. Wir feiern dazu aber auch unsere Auferstehung zu einem neuen Leben voller Liebe, Frieden, Achtung und Wertschätzung und wir feiern die Hoffnung, dass dies zu unserem neuen Normal wird.

 

 

Osterlachen

Die schöne Tradition des Osterlachens geht bis auf das 14. Jahrhundert zurück, ist aber heute leider fast in Vergessenheit geraten. 

Mit dem Osterlachen hat es folgendes auf sich: Der Pastor oder die Pastorin erzählt im Ostergottesdienst lustige Geschichten oder Witze, um die Gemeinde zum Lachen zu bringen. Die Gottesdienstbesucher sollen so die Freude über die Auferstehung nachempfinden. Außerdem wird sich damit über den Teufel lustig gemacht, dem durch Ostern die Macht genommen ist.

 

An die Auferstehung zu glauben, ist von Vorteil, wenn man im Flugzeug diese Durchsage zu hören bekommt:

„Guten Tag, hier spricht ihr Kapitän. Ich arbeite heute aus dem Home Office.“

 

Auf einem Schild auf einem Parkplatz ist zu lesen:

Bitte achten Sie drauf, keine Wertgegenstände im Auto zu lassen wie Handys, Tablets, Fotoapparate oder Klopapierrollen.

 

Der Verband der Psychologinnen und Psychologen informiert:

Wenn Sie im Rahmen der Quarantäne anfangen mit Ihren Haustieren zu sprechen, ist das völlig normal. Allerdings sollten Sie sich dringend in Psychologische Behandlung begeben, wenn diese anfangen zu antworten. 


Frohe und gesegnete Ostern!

 




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