Frühstück verleiht Flügel


 

Predigt zu Johannes 21, 1-14

 

 

Ihr Lieben,

mit Essen kriegt man die Leute immer. Besonders wenn es um kirchliche Veranstaltungen geht.

 

Davon bin ich fest überzeugt, denn ich habe da so meine Erfahrungen gemacht: Lade zu einem Gottesdienst am Reformationstag ein und eine Handvoll Leute taucht auf. Lade zu einem Gottesdienst am Reformationstag mit Apfelkuchenessen ein und die Hütte ist voll.

 

Ein anderes Beispiel: Zwei Freundinnen und ehemalige Kolleginnen aus der Urlauberseelsorge und ich haben immer wieder erfolglos versucht, uns zu Videokonferenzen zu verabreden. Mindestens eine von uns hat immer kurzfristig abgesagt. Seit wir uns mittags zum Videochat samt gemeinsamem Mittagessen verabreden, klappt das mit den digitalen Treffen ziemlich gut. Denn essen müssen wir alle ja irgendwann. Warum dann nicht gemeinsam?!

 

Etwas Ähnliches passiert in der Bibelgeschichte, in der Jesus nach seiner Auferstehung ein paar Jüngern begegnet. Nachdem ein paar Vorbereitungen in Form von Fischfang getroffen wurden, sagt Jesus: 

„Kommt, es gibt Frühstück!“

 

Der Verdacht liegt nahe, dass daraus in vielen Kirchengemeinden die Tradition des Osterfrühstücks entstanden ist, das gerne nach einem Sonnenaufgangsgottesdienst angeboten wird.

Und ihr könnt mir erzählen was ihr wollt: Es quälen sich garantiert mehr Leute so früh morgens aus dem Bett, wenn es nach dem ultrafrühen Gottesdienst Frühstück gibt.

 

Was Jesus da mit den Jüngern am See Tiberias veranstaltet, macht in meinen Augen total viel Sinn. Jesus‘ Tod und auch seine Auferstehung haben das Leben der Menschen, die ihm nahestanden, total auf den Kopf gestellt. Bei einem zwanglosen Frühstück kann er nun zum einen herausfinden, wie es seinen Jüngern mit dieser Situation geht und er kann zum anderen dafür sorgen, dass sie gestärkt werden und Kraft bekommen für den Weg, der vor ihnen liegt. Damit ist nicht nur körperliche Stärkung gemeint, sondern auch seelische und geistige.

Mit dem auferstanden Christus zu frühstücken verleiht garantiert eher Flügel als so mancher Energy Drink.

 

Aus diesem Grund feiern wir ja heute auch noch Abendmahl: Um Gemeinschaft zu erleben, und zwar miteinander und mit Gott, und um gestärkt auf dem Weg weitergehen zu können, der vor uns liegt.

 

Bei den ganz frühen Christinnen und Christen lief das Abendmahl übrigens noch anders ab: Es war zwar ein Essen mit religiöser Bedeutung aber auch zum Sattwerden. Die Teilnehmenden brachten das Essen selbst von zuhause mit. Aber nicht nur soviel, dass es für einen selbst reichte, sondern etwas mehr, damit auch die versorgt werden konnten, die nicht so viel oder sogar gar nichts zu essen hatten. Die frühen Christinnen und Christen haben also weitergemacht mit dem Gemeinsamessen, dem Füreinanderdasein, dem Krafttanken und dem Mitchristussein.

 

Ja, Christus ist nach wie vor dabei.

Es gibt diesen Vers in der Bibel, der da lautet: 

Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen. (Matthäus 18, 20)

 

Ich bin ganz fest davon überzeugt, dass das auch für das gemeinsame Essen gilt. Wenn wir zusammensitzen und Interesse daran haben, wie es den anderen Menschen am Tisch geht, wenn wir offene Ohren, offene Augen und vor allem offene Herzen für sie haben, wenn wir ihnen etwas sagen können, das ihnen Mut macht oder Kraft gibt, dann ist Christus auf jeden Fall unter uns. Völlig unabhängig davon, ob es das Abendmahl im Gottesdienst ist oder das Frühstück mit der Familie, oder die gemeinsam verbrachte Mittagspause per Videochat.

 

Ich denke, grundsätzlich gilt: Wenn wir gemeinsam essen, kann es schnell passieren, dass Christus unter uns lebendig wird. Und das ist, wie ich finde, ein ganz wichtiger Grund dafür, dass wir bewusster essen, wenn wir gemeinsam essen. Denn dann ist dieses Essen nicht nur extrem lecker, sondern verleiht tatsächlich auch Flügel.

 

 

 

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