Bitte vergib!


Predigt zu Daniel 9, 4-5.16-19


 

Ihr Lieben,

am vergangenen Sonntag hatte ich eine Umfrage gestartet und wollte wissen: Wenn du betest, worum bittest du im Gebet?

 

Es hat ganz viele Antworten gegeben und das ist dabei herausgekommen:

 

-       Die meisten Gebetsanliegen hatten mit Gesundheit zu tun - Gesundheit für euch selbst oder für Familie, Freunde und Menschen, die euch nahestehen. Dabei war sowohl körperliche als auch seelische Gesundheit wichtig. 

-       Auch die Bitte um Frieden wurde oft genannt - Frieden ganz allgemein, Weltfrieden oder auch innerer Friede war gemeint. 

-       Manche von euch beten vor Prüfungen, dafür, dass sich ihr Kinderwunsch erfüllt oder für ein baldiges Ende der Pandemie.

-       Es wird um Schutz und Segen gebeten, ein offenes Herz, Liebe, Gelassenheit, Respekt, ein langes Leben und dafür, dass sich Probleme lösen. 

-       Es wurde die Bitte erwähnt, dass wir Freundlichkeit aussenden. 

-       Und für unsere Verstorbenen wird ebenfalls gebetet.

 

Das sind alles sehr gute und sehr richtige Gebetsinhalte. Gebet ist sowieso immer gut und richtig, egal, worum es in den Gebeten geht, denn sie sind Kommunikation mit Gott. Damit sind sie Kommunikation mit der Liebe. Also kann es da gar nichts geben, was falsch ist.

 

Interessant war, dass nur eine Person den Dank als Gebetsanliegen erwähnte und meinte, Klage oder Bitte seien bei ihr eher selten.

Was ebenfalls nur einmal vorkam, war die Bitte um Vergebung. Wobei ich, wenn ich ehrlich hin, überrascht war, dass es überhaupt vorkam. Ich hatte gar nicht damit gerechnet.

 

Und genau damit möchte ich mich heute beschäftigen: mit der Bitte um Vergebung. Nicht nur, weil im Danielbuch davon die Rede ist, sondern weil das für unser Seelenleben etwas sehr Wichtiges und auch etwas sehr Heilendes ist. Und für unsere Beziehung mit Gott ist das sowieso wichtig und heilend!

 

Im Danielbuch heißt es: „Ich betete zu Gott, dem Herrn, bekannte meine Schuld.“ Daniel bekennt weiter: „Wir haben Sünden begangen und Unrecht getan, wir haben Schuld auf uns geladen und uns aufgelehnt.

Von deinen Geboten und Vorschriften sind wir abgewichen.“

 

Ich wage mal zu behaupten, dass wir das, was Daniel da macht, nur noch sehr selten tun: Zugeben, dass wir Fehler gemacht haben, dass wir versagt haben, dass wir an etwas Schuld sind und dafür um Vergebung bitten.

 

Vielleicht stellen wir uns dem Thema Schuld und Vergebung nicht gerne, weil uns unsere Gesellschaft ja sowieso schon ständig darauf stößt, dass wir unzulänglich sind, dass wir nicht genug sind, dass wir Fehler machen. In unserer Gesellschaft und, ja, auch von den Menschen in unserem direkten Umfeld, gibt es einen großen Druck, perfekt zu sein, was wir natürlich nie leisten können. Da muss ich mich dann nicht auch noch selbst in meinen Verfehlungen suhlen, oder?

 

Mir selbst geht es jedenfalls so. Ich habe das Sündenbekenntnis in einem Gottesdienst mal als sehr unangenehm empfunden. Mir wurde reingedrückt, wie furchtbar schuldig ich doch bin. Und ich dachte die ganze Zeit nur: Aber ich bin doch gar kein schlechter Mensch! Ich fühlte mich aber total schlecht und konnte dieses Gebet, mit dem ich im Gottesdienst meine Sünden bekennen sollte, nur gerade eben so aushalten.

 

Inzwischen habe ich einen anderen Zugang dazu, denn ich habe gelernt, mich meinen Fehlern zu stellen und auch der Tatsache, dass ich immer wieder schuldig werde. Das ist etwas, das einfach zu mir und meinem Leben dazugehört und es macht mich nicht zu einem schlechten Menschen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Welt nicht untergeht, wenn ich Fehler zugebe, wenn ich Schuld eingestehe. Im Gegenteil: 

 

Ein Gebet, in dem ich Gott vor die Füße schmeiße, was ich wieder angestellt habe, ist unglaublich befreiend und entgiftend für meine Seele. Es tut unglaublich gut, auch die Verletzungen loswerden zu können, die ich anderen Menschen zugefügt habe. Es tut gut, den Egoismus loswerden zu können, der mich manchmal überkommt. Es tut gut, bei Gott abzuladen, dass mein Denken und Handeln mal wieder in die falsche Richtung gegangen sind.

 

Wie gesagt, es ist entgiftend für meine Seele und es ist entgiftend für die Beziehung zwischen Gott und mir.

Und wenn ich Gott um Vergebung bitte, dann kann ich sicher sein, dass sie mir auch gewährt wird. 

 

Deshalb kann ich euch nur ermutigen, es einfach mal zu versuchen: Nehmt euch vielleicht einmal in der Woche Zeit, um auszusprechen, was ihr versäumt habt, und wofür ihr euch vielleicht sogar schämt. Ihr seid deshalb noch lange keine schlechten Menschen. Im Gegenteil: Ihr seid immer noch Gottes geliebte Kinder, denen Gott gerne vergibt. 

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