Welche Sprache sprichst du?


Predigt zu 1. Mose 11, 1-9

 

Ihr Lieben,

 

wenn ich gefragt werde, wo Steffi denn gerade ist und ich antworte „iip skin“, dann wissen einige von euch noch lange nicht, wo Steffi gerade ist. Weil sie Helgoländisch nicht verstehen. „Iip skin“ heißt übrigens „auf dem Klo“.

 

Zu eurer Beruhigung: Auch ich spreche nicht fließend Helgoländisch, sondern kann nur ein paar Brocken. Bei anderen Sprachen sind da nichtmal Brocken. Wenn es ans Isländisch geht, zum Beispiel, dann verstehe gar nichts mehr. Viele von uns sind immerhin der englischen Sprache mächtig, einige sprechen und verstehen sogar Französisch oder Spanisch. Wer noch in der DDR zur Schule gegangen ist, hat womöglich noch Russisch gelernt. Tatsache ist aber, dass wir die meisten Sprachen, die es unter den Menschen gibt, nicht verstehen und auch nicht sprechen können.

 

Aber nicht nur, was gesprochene Sprache angeht, gibt es Unterschiede. Auch indem, wie wir uns verhalten oder was wir beabsichtigen, sprechen wir nicht immer dieselbe Sprache. Das liegt daran, dass wir Menschen unterschiedlichen Kulturen angehören und dass Werte und Vorstellungen unterschiedlich sind.

 

Und je nachdem, was wir in unserem Leben schon an Erfahrungen gemacht haben, hören wir gewisse Dinge auf unterschiedliche Weise. 

Wenn ich zu jemandem sage „Du siehst heute anders aus“, dann ist das eigentlich nur eine sachliche Feststellung. Mein Gegenüber kann das aber auf unterschiedliche Weise hören. Entweder versteht er oder sie: Du siehst heute aber gut aus. Oder: Du siehst heute aber unmöglich aus. Auch wenn weder das Wort „gut“ noch das Wort „unmöglich“ gesagt wurde.

Wenn ihr die Leute, die vor zweieinhalb bis dreitausend Jahren im Nahen Osten lebten, gefragt hättet, woher das kommt mit den verschiedenen Sprachen, Kulturen und Religionen, und dass wir uns oft sprachlich und inhaltlich nicht verstehen, dann hätten sie euch zur Erklärung vielleicht die Geschichte vom Turmbau zu Babel erzählt. Die Menschen waren zu übermütig geworden. Sie wollten Gott gleich sein und wurden davon abgehalten, indem Gott ihre Fähigkeit zur Kommunikation einschränkte. Es ist nämlich total schwer, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen, wenn man sich nicht versteht - sprachlich wie auch inhaltlich.

 

Und das ist noch heute so. Ich bin mit Deutsch als Muttersprache aufgewachsen, aber wenn mir jemand in deutscher Sprache etwas erklärt, heißt das noch lange nicht, dass ich auch verstehe, was diese Person von mir will.

 

Das hat in Vergangenheit und Gegenwart schon zu großen Problemen geführt, denn wenn wir nicht dieselbe Sprache sprechen, dann kann das zu Missverständnissen führen und am Ende sogar zu Streit und Krieg.

 

Vielleicht hat deshalb der Heilige Geist am allerersten Pfingstfest dafür gesorgt, dass die Menschen plötzlich verstehen konnten, was ihnen von den Jüngern gesagt wurde. Der Heilige Geist hatte dafür gesorgt, dass die Jünger anfingen, in fremden Sprachen zu reden und die Leute erlebten das so: „Sie waren verstört, denn jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden.“ Das war sozusagen der Turmbau zu Babel rückwärts. Und das war wichtig, denn die Botschaft, dass Gott die Menschen liebt und dass wir uns auch gegenseitig lieben sollen, musste unter die Leute.

 

Am allerersten Pfingsten hat der Heilige Geist dafür gesorgt, dass die Botschaft der Liebe wieder verstanden wurde, egal in welcher Sprache sie überbracht wurde.

 

Ich denke, unser Auftrag ist es jetzt, die Sprache Gottes zu lernen, denn die Sprache Gottes ist die Sprache der Liebe. Das ist harte Arbeit und da liegt viel Büffelei vor uns, denn mit Vokabeln lernen ist es nicht getan. Die Sprache der Liebe zu lernen bedeutet, dass wir eine entsprechende innere und am Ende auch äußere Haltung einnehmen. Etwas zu sagen ist eine Sache, es auch zu denken, zu fühlen und zu tun, eine ganz andere.

 

Aber ich finde, dass es sich ohne Ende lohnt, wenn wir uns in das Erlernen dieser Sprache richtig reinknien, denn dadurch können wir unseren Teil dazu beitragen, dass die Menschheit, dass sogar die Welt, am Ende wieder ganz gesund wird. Wir können die Welt kurieren von Ignoranz und Hass, wenn wir bereit sind, die Sprache der Liebe zu lernen, zu sprechen und zu leben.

 

Wenn uns also jemand fragt, welche Sprache wir sprechen, dann könnten wir natürlich antworten: Deutsch, Englisch, Französisch, Latein, Helgoländisch oder „Über andere Leute“. Ich würde mir aber wünschen, dass wir alle dann antworten können: Ich spreche die Sprache der Liebe.


 

 

 

 

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