Es muss verständlich sein!


Predigt zu 1. Korinther 14, 1-12

 

Ihr Lieben,

„sectamini caritatem, æmulamini spiritalia: magis autem ut prophetetis.“

 

Wisst ihr jetzt, was ihr tun sollt?

 

Für alle Nicht-Lateiner kommt hier das Ganze nochmal auf Deutsch:

„Strebet nach der Liebe! Fleißiget euch der geistlichen Gaben, am meisten aber, daß ihr weissagen möget!“

 

Das ist ein Bibelvers aus der Lutherübersetzung von 1912 und für die meisten schon sehr viel besser zu verstehen als die lateinische Variante. Allerdings kann man sich schon fragen, was denn „fleißiget“ für ein Wort ist. (Das Rechtschreibprogramm auf meinem Computer kennt es nicht.) Inzwischen hat sich unsere Sprache so sehr verändert, dass uns nicht mehr unbedingt klar ist, dass hier „nach etwas streben“ gemeint ist.

 

Insgesamt finde ich, dass die Bibelübersetzung von 1912 über längere Strecken schwer zu hören und noch schwerer zu verdauen ist.

 

Ich als Pastorin möchte aber, dass ihr versteht, was da in der Bibel steht - sowohl sprachlich als auch inhaltlich. Ich möchte nicht, dass für euch alles nur Blabla ist. Dazu ist das, was in der Bibel steht, viel zu wichtig.

Deshalb muss ich im Grunde das tun, was Paulus da in seinem Brief an die Gemeinde in Korinth fordert: So sprechen, dass ich die Gemeinde aufbaue, sie ermutige und sie tröste. Die Gemeinde!  Nicht mich selbst!

Und das gilt übrigens nicht nur für mich als Pastorin. Verständliche Sprache ist für alle angesagt, die von Gottes Liebe reden.

Martin Luther hat sich diese Ansage von Paulus damals zu Herzen genommen und einfach die Bibel aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt. Damit alle Menschen den Inhalt verstehen konnten, und nicht nur die Priester, oder wer sonst noch Latein sprach.

Luther hat übrigens nicht nur versucht, Bibeltexte für alle verständlich zu machen. Mit Liedern hat er das auch gemacht. Radio Bayern 2 sagt dazu:

 

"Dem Volk aufs Maul schauen" – das war nicht nur beim Bibelübersetzen Luthers Motto, sondern auch beim Singen. Als Vorlagen für seine Lieder verwendete er oft Volkslieder und bekannte Melodien.“ (Quelle: https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowelt/reformation-um-die-ecke-gedacht-102.html )

 

Ich kann noch so sehr von dem überzeugt sein, was ich da wie sagen will, aber wenn ich mir keine Gedanken darüber mache, wem ich das erzählen will, dann habe ich schon verloren. Dann baue ich mich vielleicht selber auf, oder tröste mich selbst, oder ermutige mich selbst. Schön, wenn ich mich selber gerne reden höre, aber um mich geht‘s ja gar nicht. Ich soll ja die andere Person aufbauen, ermutigen und trösten. Und wenn das gelingen soll, dann muss ich meine Sprache anpassen. Es gibt Menschen, die gehen total darin aufgehen, wenn sie sich ’ne Stunde lang eine hochakademische und hochtheologische Ansprache anhören. Wenn ich das aber mit den Menschen auf Facebook oder Instagram versuche, dann schalten nach zwei Minuten die meisten weg und kriegen womöglich gar nicht mit, was wirklich wichtig ist.

 

Wie gesagt: Ich muss mir darüber klar sein, zu wem ich rede. 

Denn: Mit einem Kind muss ich anders reden als mit einem erwachsenen Menschen. Jugendlichen gegenüber drücke ich mich anders aus als alten Menschen gegenüber. Bei einer traurigen Person muss ich andere Worte und auch eine andere Körpersprache wählen als bei einer fröhlichen. Deshalb hört sich eine Hochzeitsansprache auch anders an als eine Trauerrede. Was nicht bedeutet, dass man die Zuhörenden bei einer Trauerrede nicht auch mal zum Lachen bringen darf.

 

Übrigens ist es mir ziemlich wichtig, mit jemandem zu reden und nicht nur zu einer Person. Und das geht auch, wenn mein Gegenüber nicht mit Worten antwortet, sondern vielleicht mit Gefühlen.

 

Und gerade, wenn ich mit jemandem reden möchte, muss ich den Blick von mir selbst weg und auf mein Gegenüber lenken. Und dann muss ich mir natürlich auch noch darüber klar sein, was ich eigentlich sagen will und zu welchem Ziel das führen soll. Entsprechend bediene ich mich dann einer bestimmten Sprache. Und zwar einer für mein Gegenüber klaren und deutlichen Sprache.

 

Fremde Sprachen sind da nicht geeignet, sagt Paulus, weil die niemand versteht, außer vielleicht die redende Person selbst. Mit diesen fremden Sprachen ist die sogenannte Zungenrede gemeint. Das ist das „durch den Heiligen Geist bewirkte Reden in einer fremden, dem Sprecher vielleicht völlig unbekannten Sprache oder auch in einer völlig unbekannten Ausdrucksweise.“ So erklärt es der Kommentar der BasisBibel.

Prophetische Rede ist da sehr viel besser geeignet, denn sie verkündet, „was Gott in einer bestimmten Situation zu sagen hat“.

 

Und wenn ich euch jetzt sage: Redet nicht in fremden Sprachen, sondern lieber prophetisch, dann werdet ihr mich angucken und sagen: “Hä?!“ Weil ihr gar nicht wisst, was ich von euch will. Zungenrede und prophetische Rede sind beide heute bei uns einfach nicht mehr Standard. Also muss ich euch anders erklären, was der gute Paulus da meint.

In Kurzform: Rede zu deinem Gegenüber in einer verständlichen Sprache und dann bitte so, dass du diesen Menschen ermutigst, aufbaust und tröstest. Wenn du das hinkriegst, dann bist du auf dem Weg der Liebe unterwegs.

 

Und wenn du merkst, dass die Botschaft angekommen ist und verstanden wurde - gefühlt wurde, dann kannst du das Ganze meinetwegen auch noch in Latein verpacken und sagen: Benedicat tibi Dominus. 😉

 

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