Wir haben doch schon alles! Oder?




Predigt am 24.12.2019 zur Weihnachtsgeschichte


Ihr Lieben,

Wer von euch freut sich über Geschenke an Weihnachten?
Wer könnte auch ohne Geschenke an Weihnachten leben?
Wer von euch hat schon einmal nicht das bekommen, was er / sie sich gewünscht hat?

Ich zum Beispiel wollte als Kind immer ein Pferd haben. Habe ich natürlich nie bekommen. Was ich stattdessen bekam, war zum Beispiel ein von meiner Tante selbstgestrickter aber total kratziger Pullunder. Mit passender Hose dazu. Das soll angeblich total niedlich ausgesehen haben, wenn man den Aussagen meiner Großeltern und meiner Eltern Glauben schenken darf. Es gibt sogar noch ein Foto davon: Klein Pamela unterm Weihnachtsbaum mit den selbstgestrickten Klamotten an. Aber klein Pamela sieht da nicht niedlich, sondern total unglücklich aus.

Ohrringe habe ich mir auch mal sehnlichst gewünscht. Ich dachte wirklich, da wären welche in meinem Adventskalender. Das, was da im Säckchen steckte, fühlte sich so an wie ein eine kleine Schmuckbox. Am Ende war es dann aber nur ein Minikartenspiel.

Inzwischen hat sich so einiges verändert, wie ich finde.
In diesem Jahr in der Vorweihnachtszeit ist mit aufgefallen, dass ganz viele Leute gesagt haben: „Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich mir wünschen soll. Ich hab doch schon alles.“ Das kam sowohl von Jugendlichen als auch von Erwachsenen. 

Ich kann mir vorstellen, dass das damit zusammenhängt, dass wir die Dinge, die wir gerne hätten oder brauchen, einfach kaufen können. Das ist heutzutage ja so leicht. Überall gibt es alles und oft auch für wenig Geld. Ich ertappe mich selbst dabei, dass ich sogar kurz vor Weihnachten noch Dinge im Internet bestelle, die ich gerne haben möchte, anstatt sie mir zu Weihnachten zu wünschen. Meine Snoopy Tasse zum Beispiel. Ich wollte unbedingt diese Snoopy Tasse mit passender Müslischale und habe sie einfach im Internet bestellt. Kam kurz vor dem 3. Advent an. 
Ich tue sowas, weil ich denke: „Wenn du dir das jetzt zu Weihnachten wünschst, dann bekommst du es vielleicht gar nicht.“ Also mache ich mir das Leben leicht und bestelle einfach selbst.

Wir hier leben heute in einer Gesellschaft, in der wir nicht mehr darauf angewiesen sind, dass uns das Christkind etwas bringt. Was ein bisschen schade ist, denn dadurch nehmen wir uns selbst die Vorfreude, die Spannung und am Ende auch die Freude über das eigentliche Geschenk. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber wenn ich mir das, was ich haben möchte, im Internet bestelle, ist das nicht so schön, als wenn es liebevoll verpackt unter dem Weihnachtsbaum liegt. Weihnachtsgeschenke sind ja so viel mehr als nur Gegenstände, die die Besitzer wechseln. Ich hatte am 1. Advent schon über den Adventskalender gesagt, dass der aus 24 kleinen Liebesbeweisen besteht. Mit den Weihnachtsgeschenken ist das nicht anders. Auch die sind Beweise dafür, dass uns jemand liebhat. Weihnachtsgeschenke sagen uns, dass ein anderer Mensch uns liebhat, aber sie sind auch Ausdruck der Liebe Gottes.

Wenn wir uns die Dinge, die wir gerne hätten, also selber kaufen, dann bekommen wir nur einen Teil von dem, was ein Geschenk ausmacht. Den kleineren Teil, denn die Liebe fehlt.

Die Tradition des Schenkens an Weihnachten ist übrigens noch gar nicht so alt. So wie wir Weihnachten feiern, mit Geschenken unter dem Tannenbaum, wird erst seit dem 18. Jahrhundert Weihnachten gefeiert. Dass man sich zum Jahreswechsel beschenkte, ist allerdings schon viel länger üblich. Die alten Römer beschenkten sich gegenseitig mit Dingen, die für das neue Jahr Glück bringen sollten. Das vermischte sich später mit der Geburt Christi. Und dann hatte später auch noch Martin Luther seine Finger mit im Spiel. Der hatte es nämlich gar nicht mit der Heiligenverehrung und nahm dem Heiligen Nikolaus am 6. Dezember sozusagen die Geschenke weg und verlegte sie auf Weihnachten.

Dabei hat das Schenken zur Geburt Jesu doch schon einen biblischen Ursprung: In der Geschichte von den Sterndeutern nämlich, die dem neugeborenen Jesus etwas mitbrachten. 
Das was die drei dabei hatten, waren keine praktischen Geschenke. Maria hätte es vermutlich gerne gehabt, wenn die Sterndeuter für Jesus Bettwäsche oder Kleidung mitgebracht hätten. Am besten welche, die nicht kratzt.

Aber sie haben Weihrauch, Myrrhe und Gold im Gepäck.
Und auch hier wird wieder viel mehr mitgeschenkt als die eigentlichen Gaben. Das sind nicht nur Weihrauch, Myrrhe und Gold. Diese Dinge brachte man damals einem König als Anerkennung seiner Macht und als Anerkennung seiner Königswürde. Damit wurde einem frischgekrönten König gezeigt: Wir respektieren dich, wir ehren dich sogar.
Als die drei Sterndeuter mit ihren Geschenken anrückten, war Jesus noch viel zu klein, um die Geschenke gut oder schlecht zu finden, oder um enttäuscht zu sein. Den interessierte vermutlich nur, dass er satt wurde und es warm hatte. Und die Liebe und Nähe seiner Eltern natürlich.

Heute sind wir diejenigen, die die Geschenke bekommen. Nicht mehr Jesus. Was eigentlich falsch herum ist, denn es ist schließlich sein Geburtstag und nicht unserer.

Da sollten wir ihm auch etwas schenken, finde ich. Gerade, wenn wir doch ohnehin schon alles an materiellen Dingen haben. Ich sage nicht, dass wir gar nichts schenken sollen. Ich möchte schon schenken, einfach, weil ich anderen eine Freude machen möchte. Aber ich würde auch dem Christkind gerne etwas schenken. Keinen kratzigen Pullunder und auch kein Gold. Und nein, auch nicht mit Gebeten, obwohl das schon schöne Geschenke wären. 

Ich möchte das Christkind mit Dingen beschenken, die wir uns gegenseitig geben können:
Wir können versuchen, für Frieden einzutreten. Das geht schon damit los, dass wir Streit vermeiden. Oder uns wieder vertragen, wenn wir gestritten haben. Wir können uns bemühen, offen zu sein für das, was uns erstmal fremd ist. Wir können andere annehmen. Am besten ohne Vorbehalte.
Wenn der Haussegen schief hängt, weil das Weihnachtsessen nicht rechtzeitig auf dem Tisch steht oder der Tisch noch nicht gedeckt ist, dann können versuchen, Geduld aufzubringen. Und wenn wir unsere Familie mit Geduld beschenken, dann beschenken wir gleichzeitig Jesus.
Der erwachsene Jesus hat ja mal gesagt:
„Was ihr für einen meiner Brüder oder eine meiner Schwestern getan habt –
und wenn sie noch so unbedeutend sind –,
das habt ihr für mich getan.“ (Matthäus 25, 40)
Wenn wir uns also gegenseitig beschenken, dann beschenken wir gleichzeitig auch das Christkind.

Und dafür eigenen sich die Dinge besonders gut, die man nicht kaufen kann, die man nicht im Internet bestellen kann:
Zeit, Trost, Heilung, Gerechtigkeit, Frieden, ein Zuhause, Gesellschaft, Verständnis oder Vergebung.

Und das Schöne dabei ist: Das alles sind Geschenke, von denen niemand behaupten wird, dass er oder sie sie eigentlich gar nicht haben wollte. Das sind Geschenke, über die sich jede/r freuen wird. Da wird niemand sagen: Hm, is ja ganz nett, aber was soll ich damit. Ich glaube auch nicht, dass jemand enttäuscht sein würde, so nach dem Motto: Naja, eigentlich hatte ich mir ja ein Pferd gewünscht. 

Dass jemand Zeit hat, mich tröstet, zerbrochene Beziehungen oder seelische Wunden heilt, mich gerecht behandelt, für Frieden eintritt, mir ein Zuhause gibt, wenn ich keins habe, da ist, damit ich nicht allein bin, Verständnis für mich aufbringt oder mir verzeiht, wenn ich Mist gebaut habe, das sind Dinge, die wir uns im Grunde doch alle wünschen, oder?  Außerdem sind das alles Geschenke, die definitiv nicht kratzen. Mit solchen Geschenken wird niemand unterm Weihnachtsbaum stehen und unglücklich aussehen.

Also gibt es wirklich keinen Grund uns nicht gegenseitig damit zu beschenken. Und Jesus gleich mit. So wünsch ich uns allen heute am Heiligabend eine reiche Bescherung.

Frohe Weihnachten!

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